Kultur4 Aufrufe7 Min. Lesezeit

Japans blaue Ampeln: Ein Kompromiss aus Sprache und Recht

Japan verwendet blau-grüne Ampeln aufgrund eines Kompromisses zwischen der traditionellen japanischen Sprache, die Blau und Grün mit 'ao' bezeichnet, und internationalen Verkehrsstandards, die grüne A

Sofia Berger
Von
Sofia Berger

Sofia Berger ist eine erfahrene Kulturjournalistin mit einem Schwerpunkt auf Kunst, Brauchtum und sozialen Bewegungen. Sie beleuchtet, wie kulturelle Ausdrucksformen Gemeinschaften prägen und gesellschaftliche Entwicklungen widerspiegeln.

Autorenprofil
Japans blaue Ampeln: Ein Kompromiss aus Sprache und Recht

Japan ist bekannt für seine einzigartige Mischung aus tief verwurzelten Traditionen und fortschrittlicher Technologie. Eine Besonderheit, die viele Besucher überrascht, sind die blau-grünen Ampeln. Diese ungewöhnliche Farbgebung ist das Ergebnis eines Kompromisses zwischen der traditionellen japanischen Sprache und internationalen Verkehrsregulierungen.

Wichtige Punkte

  • Die japanische Sprache verwendete traditionell dasselbe Wort, 'ao', für Blau und Grün.
  • Ein UN-Vertrag von 1968 schreibt grüne Ampeln für 'Fahrt' vor.
  • Japan implementierte in den 1970er Jahren blau-grüne Ampeln als Lösung.
  • Auch heute noch werden grüne Objekte oft als 'ao' bezeichnet.

Sprachliche Wurzeln der Farbverwirrung

Die Verwirrung um die Farbe der Ampeln in Japan hat tiefe sprachliche Wurzeln. Historisch gesehen verfügte die japanische Sprache über ein begrenztes Farbspektrum. Alte Formen der Sprache kannten nur vier Grundfarben: Blau, Rot, Schwarz und Weiß. Das Wort 'ao' wurde dabei sowohl für blaue als auch für grüne Farbtöne verwendet.

Obwohl das moderne Japan heute ein eigenes Wort für Grün, 'midori', besitzt, ist die traditionelle Verwendung von 'ao' für grüne Objekte weiterhin weit verbreitet. Dieses kulturelle Phänomen zeigt sich in vielen Bereichen des Alltags. Beispielsweise wird ein grüner Granny Smith Apfel als 'aoringo' bezeichnet, was wörtlich 'blauer Apfel' bedeutet.

Interessanter Fakt

Experten zufolge ist es in Japan nicht ungewöhnlich, dass Objekte, die objektiv grün sind, umgangssprachlich als 'ao' (blau) bezeichnet werden. Dies spiegelt eine tief verwurzelte sprachliche Tradition wider.

Internationale Standards und nationale Tradition

Die Frage nach der Farbe der Ampeln wurde durch internationale Abkommen kompliziert. Im Jahr 1968 wurde die Konvention über Straßenverkehrszeichen und -signale von den Vereinten Nationen verabschiedet. Dieser Vertrag, dem 35 Länder beitraten und der heute von 75 Staaten umgesetzt wird, legt in Artikel 23 fest, dass Grün 'Fahrt' und Rot 'Halt' bedeutet.

Japan, obwohl kein Unterzeichner dieses spezifischen UN-Vertrags, sah sich mit einer Herausforderung konfrontiert. Die Bevölkerung assoziierte das Wort 'ao' weiterhin mit dem grünen Verkehrssignal. Eine einfache Umstellung auf rein blaue Ampeln wäre jedoch einem weltweiten Standardisierungsbestreben entgegengetreten.

Katsuhiro Ito, ein Experte für japanische Sprache und Kultur, erklärte gegenüber Reader's Digest: "Als Verkehrssignale in den 1930er Jahren erstmals in Japan eingeführt wurden, nannte man das grüne Licht manchmal grün. Nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch beschrieb das Straßenverkehrsgesetz das Verkehrssignal als 'ao', und so wird es seither bezeichnet."

Die Einführung der blau-grünen Ampel

Als Reaktion auf diese sprachliche und rechtliche Zwickmühle traf Japan Anfang der 1970er Jahre eine einzigartige Entscheidung. Es wurde eine Farbe gewählt, die als blau-grün beschrieben werden kann, manchmal auch als 'grünblau' oder 'bleen' bezeichnet. Diese Farbe ist technisch gesehen sowohl blau als auch grün, wodurch ein Kompromiss erzielt wurde.

Diese Lösung ermöglichte es den japanischen Behörden, die internationale Konvention zu respektieren, während sie gleichzeitig der tief verwurzelten sprachlichen Konvention 'ao' Rechnung trugen. Auch wenn heute einige Ampeln klar grün sind und andere die Mischfarbe aufweisen, werden sie alle weiterhin als 'ao' bezeichnet.

Hintergrundinformationen

Die Standardisierung von Verkehrssignalen weltweit ist wichtig für die Verkehrssicherheit. Einheitliche Farben und Bedeutungen helfen Fahrern aus verschiedenen Ländern, Verkehrsregeln schnell zu verstehen und Missverständnisse zu vermeiden.

Kulturelle Auswirkungen und moderne Praxis

Die sprachliche Prägung hat über die Ampeln hinaus Auswirkungen auf den japanischen Alltag. Es ist ein Beispiel dafür, wie kulturelle Eigenheiten und sprachliche Entwicklungen die Wahrnehmung und Benennung von Phänomenen beeinflussen können. Diese Tradition hält sich auch im modernen Japan hartnäckig.

Neben den einzigartigen Ampelfarben implementierte Japan auch andere innovative Maßnahmen zur Verkehrsregelung. Dazu gehören beispielsweise handgemalte Verkehrsschilder, die maßgeblich dazu beitrugen, die Zahl der Verkehrsunfälle im Land zu reduzieren. Diese individuellen Ansätze unterstreichen Japans Fähigkeit, praktische Lösungen zu finden, die sowohl kulturelle Aspekte als auch Sicherheitsbedürfnisse berücksichtigen.

Die Geschichte der blau-grünen Ampeln zeigt, wie Sprache, Kultur und internationale Abkommen zusammenwirken und manchmal zu unerwarteten, aber funktionalen Lösungen führen können. Für Reisende und Automobil-Enthusiasten bleibt dies eine faszinierende Besonderheit der japanischen Straßenkultur.