Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA hat eine Untersuchung der Türgriffe von Tesla Model Y Fahrzeugen eingeleitet. Auslöser war ein schwerer Unfall im Dezember 2023 in Virginia, bei dem eine Frau in ihrem brennenden Elektrofahrzeug eingeklemmt wurde, weil sich die elektronischen Türen nicht öffnen ließen.
Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf ein wiederkehrendes Problem bei Tesla-Fahrzeugen: Das minimalistische Design mit versenkbaren Türgriffen und elektronischen Schlössern kann im Notfall zu einer ernsten Gefahr werden, wenn die Stromversorgung ausfällt.
Wichtige Erkenntnisse
- Die US-Behörde NHTSA untersucht die Sicherheit der Türgriffe des Tesla Model Y, Baujahr 2021.
- Anlass ist ein Unfall, bei dem eine Passagierin schwere Verbrennungen erlitt, weil sie aus einem brennenden Tesla nicht entkommen konnte.
- Es gibt zahlreiche weitere Berichte über blockierte Türen bei Tesla-Fahrzeugen, darunter mehrere Vorfälle mit Todesfolge.
- Das Design der elektronischen Türen und schwer auffindbare manuelle Notentriegelungen stehen im Zentrum der Kritik.
Der Vorfall in Virginia: Eine Rettung gegen die Zeit
Im Dezember 2023 ereignete sich an einer belebten Kreuzung in Virginia ein Unfall, der die Schwachstellen des Tesla-Türsystems auf dramatische Weise aufzeigte. Ein Tesla Model Y fing nach einer Kollision Feuer. Im Inneren kämpften der Fahrer und seine Frau, Susmita Maddi, darum, das Fahrzeug zu verlassen.
Der dienstfreie Feuerwehrmann Max Walsh eilte zum Unfallort. Es gelang ihm, ein Fenster einzuschlagen und den Fahrer aus dem brennenden Wrack zu ziehen. Als er jedoch versuchte, der Beifahrerin zu helfen, versagten die Türen des Fahrzeugs. Sie ließen sich von außen nicht öffnen.
„Wenn ich die Türen hätte öffnen können, hätte ich sie beide herausholen können, noch bevor die Feuerwehr überhaupt da war“, erklärte Walsh später gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Susmita Maddi, die erst wenige Monate zuvor gemeinsam mit ihrem Mann das als besonders sicher beworbene Fahrzeug gekauft hatte, erlitt schwere Verbrennungen und dauerhafte Lungenschäden. Sie war im Inneren gefangen, bis die Rettungskräfte eintrafen. „Einen Tesla zu kaufen, war die schlimmste Entscheidung unseres Lebens“, sagte sie in einem Interview.
Kein Einzelfall: Weitere besorgniserregende Berichte
Der Unfall in Virginia ist kein isoliertes Ereignis. In den letzten Jahren haben sich Berichte über Personen gehäuft, die in Tesla-Fahrzeugen eingeschlossen waren, insbesondere nach Unfällen oder bei Stromausfall.
Diese Vorfälle werfen ernste Fragen zur Fahrzeugsicherheit auf, die über die Standard-Crashtests hinausgehen. Während Tesla-Modelle bei Aufpralltests regelmäßig gut abschneiden, wird die Geschwindigkeit, mit der Insassen ein Fahrzeug nach einem Unfall verlassen können, nicht bewertet.
Eine Liste ähnlicher Vorfälle
- Kalifornien: Drei College-Studenten starben bei einem Unfall mit einem Cybertruck. Berichten zufolge blockierten ausgelöste Airbags und das schnell ausbrechende Feuer die Fluchtwege.
- Wisconsin: Fünf Menschen kamen bei einem Brand eines Model S ums Leben. Spuren am Fahrzeug deuteten darauf hin, dass sie vergeblich versucht hatten, sich aus dem Inneren zu befreien.
- Alijah Arenas: Der College-Basketballspieler beschrieb öffentlich, wie er sich aus seinem brennenden Cybertruck befreien musste, indem er eine Tür mit Tritten aufbrach.
Über 140 Beschwerden bei US-Behörde
Seit 2018 hat die National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) mehr als 140 offizielle Verbraucherbeschwerden über die Türsysteme von Tesla registriert. Darunter sind auch Fälle, in denen Kinder oder Haustiere kurzzeitig in Fahrzeugen ohne Strom eingeschlossen waren.
Das Designproblem: Ästhetik vor Sicherheit?
Im Mittelpunkt der Kritik stehen die bündig in der Karosserie versenkten Türgriffe und die elektronischen Türschlösser von Tesla. Dieses Design trägt zur aerodynamischen Effizienz und zum futuristischen Erscheinungsbild der Fahrzeuge bei. Im Notfall kann es sich jedoch als fatal erweisen.
Wenn die 12-Volt-Bordbatterie, die Systeme wie Türschlösser und Fensterheber versorgt, bei einem Unfall beschädigt wird oder ausfällt, sind die Insassen auf eine manuelle Notentriegelung angewiesen. Diese ist jedoch oft schwer zu finden, insbesondere in einer Paniksituation bei Rauch und Dunkelheit.
Ersthelfer und Fahrzeugbesitzer kritisieren, dass die Position und Funktionsweise dieser manuellen Entriegelungen nicht intuitiv genug ist. Für Personen außerhalb des Fahrzeugs gibt es bei einem Stromausfall oft keine Möglichkeit, die Türen ohne schweres Gerät zu öffnen.
Hintergrund: Die NHTSA-Untersuchung
Die am 15. September eingeleitete Untersuchung der NHTSA konzentriert sich auf die Türgriffe des Tesla Model Y des Modelljahres 2021. Die Behörde prüft, ob ein Sicherheitsrisiko besteht, das einen offiziellen Rückruf rechtfertigen würde. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Gefahr, dass Kinder in einem stromlosen Fahrzeug eingeschlossen werden könnten.
Internationale Reaktionen und Konsequenzen
Die Bedenken bezüglich der Türsicherheit bei Elektrofahrzeugen sind nicht auf die USA beschränkt. Auch Aufsichtsbehörden in Europa und China erwägen strengere Vorschriften für das Design von Fahrzeugtüren, um sicherzustellen, dass sie auch bei Stromausfall mechanisch geöffnet werden können.
Andere Automobilhersteller haben bereits auf ähnliche Probleme reagiert. Einige haben Elektrofahrzeuge wegen fehlerhafter Türgriffe zurückgerufen und setzen zunehmend auf einfachere mechanische Backup-Systeme, die leichter zugänglich sind.
Für Verbraucher unterstreichen diese Vorfälle die Wichtigkeit, sich vor dem Kauf eines Elektrofahrzeugs umfassend über die Notfallsysteme zu informieren. Experten raten dazu, sich die Funktionsweise der manuellen Tür- und Kofferraumentriegelung während einer Probefahrt genau zeigen und erklären zu lassen.
Die aktuellen Untersuchungen und die wachsende öffentliche Aufmerksamkeit könnten die Automobilindustrie dazu zwingen, bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge der Zuverlässigkeit von Sicherheitssystemen im Notfall eine höhere Priorität einzuräumen als der reinen Ästhetik.