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Tesla spart bei wichtigen Autoteilen: Analyse der HW4-Computer

Ein Experte hat aufgedeckt, dass Tesla bei seinen neuesten Autopilot-Computern (HW4) wichtige Komponenten entfernt, um Kosten zu senken.

Adrian Fischer
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Adrian Fischer ist ein erfahrener Technologiejournalist mit einem Schwerpunkt auf Elektromobilität, künstlicher Intelligenz und autonomen Fahrsystemen. Er verfolgt und analysiert die neuesten Entwicklungen in der Automobil- und Tech-Branche.

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Tesla spart bei wichtigen Autoteilen: Analyse der HW4-Computer

Ein bekannter Sicherheitsexperte hat aufgedeckt, dass Tesla bei seinen neuesten Fahrzeugen Komponenten aus dem Autopilot-Computer entfernt. Diese Maßnahmen zur Kostensenkung werfen Fragen zur zukünftigen Qualität und zur Machbarkeit des geplanten erschwinglichen Elektroautos auf.

Die Analyse der sogenannten Hardware 4 (HW4) in aktuellen Model-3- und Model-Y-Fahrzeugen zeigt, dass Tesla nicht nur Software, sondern auch physische Bauteile optimiert, um die Herstellungskosten zu senken.

Wichtige Erkenntnisse

  • In den neuesten HW4-Autopilot-Computern von Tesla fehlen mehrere Komponenten, darunter Anschlüsse und Batterien.
  • Die Erdung erfolgt nun über das Fahrzeugchassis anstatt über separate Kabel, um Kosten zu sparen.
  • Diese Sparmaßnahmen sind Teil einer umfassenderen Strategie, die auch das geplante günstige Tesla-Modell betrifft.
  • Frühere Entscheidungen wie der Verzicht auf Ultraschallsensoren stießen auf Kritik bei Kunden.

Details zu den entfernten Komponenten

Der Tesla-Experte und Hacker, bekannt unter dem Pseudonym „Green“, hat detaillierte Informationen über die Änderungen an der neuesten Generation der Autopilot-Hardware veröffentlicht. Seine Untersuchung konzentrierte sich auf die HW4-Computer, die in den überarbeiteten Versionen des Model 3 („Highland“) und des Model Y verbaut sind.

Laut Green hat Tesla damit begonnen, verschiedene Bauteile von den Leiterplatten (PCBs) zu entfernen, die als nicht unmittelbar notwendig erachtet werden. Diese Praxis, bekannt als „Depopulation“, ist in der Elektronikfertigung üblich, um Kosten zu senken.

Konkrete Einsparungen bei der Hardware

Zu den auffälligsten Änderungen gehört der Verzicht auf mehrere Anschlüsse auf der Hauptplatine. Auch die kleinen Knopfzellenbatterien, die für die Echtzeituhr (RTC) zuständig sind, wurden samt ihren Halterungen entfernt. Diese Batterien stellen sicher, dass die Systemuhr auch bei abgeschaltetem Fahrzeug weiterläuft.

Was ist eine Echtzeituhr (RTC)?

Eine Echtzeituhr ist ein kleiner, batteriebetriebener Chip in Computern, der die genaue Zeit und das Datum speichert. Er ist wichtig für die Protokollierung von Ereignissen, die Planung von Software-Updates und die Synchronisierung von Systemprozessen, auch wenn das Hauptsystem ausgeschaltet ist.

Eine weitere wesentliche Änderung betrifft den Kabelbaum. Green stellte fest, dass die neuen Computer keine separaten Erdungskabel mehr besitzen. Stattdessen wird die Erdung direkt über das Metallgehäuse des Computers und das Chassis des Fahrzeugs hergestellt. Dies vereinfacht den Kabelbaum und spart Materialkosten.

„Sieht so aus, als ob Tesla versucht, die Kosten massiv zu senken. Alle nicht wesentlichen Anschlüsse sind weg, alle On-Board-Batterien für RTC-Uhren (und ihre Anschlüsse) sind weg…“

- Green (@greentheonly), via X (ehemals Twitter)

Die Strategie hinter den Kostensenkungen

Teslas Vorgehen ist kein Einzelfall, sondern Teil einer langjährigen Unternehmensphilosophie. Das Motto „Der beste Teil ist kein Teil“ unterstreicht das Ziel, die Komplexität und die Kosten in der Produktion radikal zu reduzieren. Jedes eingesparte Bauteil senkt nicht nur die Materialkosten, sondern vereinfacht auch die Lieferkette und beschleunigt die Montage.

Diese Strategie ist entscheidend für die Pläne des Unternehmens, ein erschwingliches Elektroauto auf den Markt zu bringen. Tesla-Führungskräfte haben bestätigt, dass ein günstigeres Modell in Arbeit ist, das im Wesentlichen auf der Plattform des Model Y basiert. Um einen deutlich niedrigeren Preis zu erreichen, müssen die Herstellungskosten drastisch gesenkt werden.

Das Ziel: Ein günstigeres E-Auto

Tesla arbeitet seit einiger Zeit an einem neuen Einsteigermodell, das Gerüchten zufolge unter 25.000 US-Dollar kosten könnte. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen nicht nur Funktionen reduziert, sondern auch die Herstellungsprozesse grundlegend optimiert werden. Die aktuellen Hardware-Änderungen sind wahrscheinlich ein Vorgeschmack auf die noch drastischeren Maßnahmen, die für das neue Modell erwartet werden.

Die aktuellen Enthüllungen zeigen jedoch, dass die Sparmaßnahmen nicht nur zukünftige Modelle betreffen. Selbst bei den etablierten und teureren Fahrzeugen wie dem Model 3 und Model Y werden bereits jetzt alle Möglichkeiten zur Kostenreduktion ausgeschöpft. Dies wirft die Frage auf, wie viel Spielraum für weitere Einsparungen beim günstigen Modell noch bleibt, ohne die Kernfunktionen und die Zuverlässigkeit zu beeinträchtigen.

Frühere umstrittene Sparmaßnahmen

In der Vergangenheit hat Tesla bereits mehrfach Entscheidungen getroffen, die in der Öffentlichkeit und bei Kunden kontrovers diskutiert wurden. Diese Schritte wurden ebenfalls mit Effizienz und Kostenoptimierung begründet, führten aber teilweise zu funktionalen Nachteilen.

Verzicht auf Sensoren und Hebel

Ein bekanntes Beispiel ist die Abschaffung der Ultraschallsensoren (USS) für die Einparkhilfe. Tesla ersetzte sie durch ein rein kamerabasiertes System namens „Tesla Vision“. Es dauerte jedoch Monate, bis die kamerabasierte Lösung eine vergleichbare Funktionalität erreichte, und viele Kunden bemängelten in der Übergangszeit die ungenaue Abstandsmessung.

Weitere Beispiele für umstrittene Änderungen sind:

  • Regensensor: Anstelle eines dedizierten Infrarotsensors verlässt sich Tesla auf die Kameras des Autopiloten, um Regen zu erkennen. Dieses System ist bekannt für seine unzuverlässige Funktion – Scheibenwischer, die bei Sonnenschein aktiv werden oder bei starkem Regen nicht reagieren.
  • Lenkstockhebel: Beim überarbeiteten Model 3 wurden die traditionellen Hebel für Blinker und Scheibenwischer entfernt und durch Tasten am Lenkrad ersetzt. Diese Änderung stieß auf erhebliche Kritik, insbesondere in Europa, da sie die Bedienung in Kreisverkehren erschwert. Berichten zufolge plant Tesla, die Hebel zumindest in einigen Märkten wieder einzuführen.
  • Yoke-Lenkrad: Im Model S und Model X wurde das klassische runde Lenkrad durch ein sogenanntes „Yoke“ ersetzt. Obwohl es von einigen Fans gefeiert wurde, empfanden viele Fahrer die Handhabung beim Rangieren als unpraktisch. Inzwischen bietet Tesla das runde Lenkrad wieder als Option an.

Auswirkungen auf Kunden und die Zukunft

Die konsequente Reduzierung von Bauteilen ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ermöglicht sie Tesla, die Produktionskosten zu senken und potenziell günstigere Fahrzeuge anzubieten. Dies könnte die Elektromobilität für eine breitere Käuferschicht zugänglich machen.

Andererseits besteht das Risiko, dass die Qualität und die Benutzerfreundlichkeit darunter leiden. Wenn grundlegende Funktionen wie die Einparkhilfe oder die Scheibenwischer nicht zuverlässig funktionieren, kann dies zu Frustration bei den Kunden führen. Die Entfernung von Hardwarekomponenten wie der RTC-Batterie könnte zudem langfristige Auswirkungen auf die Wartung und Zuverlässigkeit der Fahrzeugelektronik haben.

Die entscheidende Frage wird sein, wo Tesla die Grenze zieht. Die aktuellen Einsparungen bei der HW4-Hardware zeigen, dass das Unternehmen bereit ist, tief in die Kernarchitektur seiner Fahrzeuge einzugreifen. Für das kommende günstige Modell wird dieser Druck noch größer sein. Die Balance zwischen einem attraktiven Preis und einem qualitativ hochwertigen, zuverlässigen Produkt wird über den Erfolg des Fahrzeugs entscheiden.