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Elektrische Züge als Alternative zum Lkw-Güterverkehr

Parallel Systems entwickelt autonome elektrische Züge, die den Güterverkehr revolutionieren sollen. Einzelne batteriebetriebene Waggons bilden Platoons, reduzieren Engpässe und verkürzen Lieferzeiten.

Max Berger
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Max Berger

Max Berger ist ein spezialisierter Journalist mit Fokus auf Elektromobilität, Transporttechnologien und Logistikinnovationen. Er analysiert die Schnittstellen zwischen Technologie und globalen Lieferketten.

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Elektrische Züge als Alternative zum Lkw-Güterverkehr

Ein neues Konzept für elektrische Züge könnte den Güterverkehr in den USA grundlegend verändern. Das Startup Parallel Systems entwickelt autonome, batteriebetriebene Eisenbahnwaggons, die den Transport auf der Schiene effizienter und umweltfreundlicher machen sollen. Ziel ist es, Diesel-Lkw von den Straßen zu verdrängen und auch elektrische Lkw im Kurzstreckenbereich herauszufordern.

Wichtige Erkenntnisse

  • Parallel Systems entwickelt autonome, batteriebetriebene Eisenbahnwaggons.
  • Die Züge bestehen aus einzelnen Waggons, die sich zu Platoons formieren.
  • Dies soll Engpässe reduzieren und Lieferzeiten verkürzen.
  • Das Konzept zielt auf den Kurzstrecken-Güterverkehr ab.
  • Die Technologie wird derzeit in Georgia, USA, getestet.

Das Konzept der autonomen Elektrozüge

Parallel Systems hat ein System entwickelt, das die traditionelle Lokomotive überflüssig macht. Stattdessen sind einzelne Eisenbahnwaggons mit eigenen Batterien und autonomen Betriebssystemen ausgestattet. Diese Waggons können sich zu sogenannten Platoons zusammenschließen. Solche Gruppen umfassen typischerweise 20 bis 30 Waggons. Die Gruppierung reduziert den Luftwiderstand und damit den Energieverbrauch.

Ein wesentlicher Vorteil dieses Systems ist seine Flexibilität. Die Waggons können sich entlang der Strecke trennen. Sie fahren dann einzeln oder in kleineren Gruppen zu verschiedenen Zielen. Bei Bedarf bilden sie unterwegs neue Platoons. Diese Anpassungsfähigkeit unterscheidet sie von herkömmlichen Güterzügen.

„Diese kleineren, leichteren Platoons können Güteranlagen weitaus schneller passieren als traditionelle Züge. Das reduziert Engpässe und Verzögerungen und bringt Lieferungen letztendlich schneller an ihr Ziel“, erklärt das National Renewable Energy Laboratory (NREL) des Energieministeriums.

Fakten zu Parallel Systems

  • Gründung: Parallel Systems wurde 2022 bekannt.
  • Fokus: Reduzierung von Lärm und Emissionen durch Verdrängung von Diesel-Lkw.
  • Finanzierung: Das Unternehmen hat insgesamt 100 Millionen US-Dollar an Finanzmitteln erhalten.
  • Hauptinvestor Serie B: Anthos Capital führte die letzte Finanzierungsrunde an.

Vorteile für Logistik und Umwelt

Das System von Parallel Systems bietet mehrere Vorteile. Einer der Hauptvorteile ist die Emissionsfreiheit. Die elektrischen Waggons produzieren keine lokalen Emissionen. Dies trägt zur Verbesserung der Luftqualität bei und reduziert den CO2-Fußabdruck des Güterverkehrs. Dies ist ein wichtiger Schritt im Rahmen der allgemeinen Elektrifizierung des Transportsektors.

Ein weiterer Vorteil liegt in der Effizienz. Die autonomen Züge können flexibler auf Nachfrage reagieren. Sie müssen nicht stundenlang im Rangierbahnhof zusammengestellt werden. Simulationen des NREL zeigen, dass die Lieferzeit von Containern um bis zu 70 % verkürzt werden kann. Dies liegt an der bedarfsgerechten Abfertigung der Platoons.

Reduzierung von Transfers und neue Terminal-Konzepte

Parallel Systems sieht mindestens drei Anwendungsfälle, die den Bedarf an umständlichen Umladungen zwischen Lkw und Zügen an wichtigen Standorten minimieren. Dazu gehören Seehäfen und Lagerhäuser. Das Unternehmen plant zudem die Schaffung von „Mikroterminals“. Diese benötigen deutlich weniger Fläche als herkömmliche Rangierbahnhöfe. Dadurch können sie näher an den Versendern platziert werden.

Hintergrund: Elektrifizierung des Transports

Die Elektrifizierung des Fahrzeugsektors schreitet trotz politischer Schwankungen voran. Im Bereich der Logistik konkurrieren Elektro-Lkw-Hersteller intensiv. Nun treten auch Akteure im Bereich der Elektrozüge auf den Plan. Parallel Systems ist ein führendes Beispiel für diese Entwicklung und zeigt, wie neue Technologien den Gütertransport revolutionieren können.

Erste Demonstration in Georgia

Parallel Systems hat seit seiner Gründung erhebliche Fortschritte gemacht. In Zusammenarbeit mit der Genesee & Wyoming Short-Line-Eisenbahngesellschaft wurde ein Demonstrationsprojekt in Georgia geplant. Der Plan, der von der Federal Railroad Administration (FRA) genehmigt wurde, umfasst sieben Phasen. Er erstreckt sich über 160 Meilen Gleis zwischen Pooler und Cordele.

Dieses Projekt soll bis 2026 abgeschlossen sein. Es zielt darauf ab, die kommerzielle Machbarkeit des Containerversands in einer Region Georgias zu demonstrieren. In dieser Region wird der Großteil des Güterverkehrs derzeit von Lkw abgewickelt. Der Erfolg des Projekts könnte ein Modell für andere ländliche Gebiete in den USA darstellen.

Förderung durch die US-Regierung

Das Unternehmen hat auch von staatlicher Unterstützung profitiert. Im Jahr 2022 erhielt Parallel Systems einen Zuschuss von 4,4 Millionen US-Dollar von ARPA-E, einem Büro des US-Energieministeriums. Die Partnerschaft mit dem NREL war ebenfalls entscheidend. Im Rahmen eines Projekts im Jahr 2024 besuchten NREL-Forscher die Testanlage von Parallel in Colorado. Dort führten sie Evaluierungen durch, die zur FRA-Zulassung für die Demonstration in Georgia führten.

NREL-Kooperation und ALTRIOS-Plattform

  • Forschungsbesuch: NREL-Forscher besuchten 2024 die Testanlage in Colorado.
  • Zweck: Evaluierungen zur FRA-Zulassung für das Georgia-Projekt.
  • Neue Software: Entwicklung des LIFTS-Moduls für die ALTRIOS-Plattform.
  • LIFTS-Funktion: Detaillierte Analyse von Containerbewegungen in Frachtterminals.

Das NREL-Team arbeitete zudem mit Forschern der University of Texas in Austin zusammen. Sie entwickelten ein neues Modul für die ALTRIOS-Plattform (Advanced Locomotive Technology and Rail Infrastructure Optimization System) des Labors. Dieses Modul, genannt LIFTS (Line-haul Intermodal Freight Terminal Simulator), ermöglicht die detaillierte Bewertung von Container- und Gerätebewegungen innerhalb eines Frachtterminals. Dies umfasst sogar die Anzahl der Kranhübe pro Container.

„Da jede unnötige Bewegung Energie – und Geld – kostet, können effizientere Abläufe schnell Kosteneinsparungen erzielen“, bemerkt das NREL. Diese detaillierte Analyse trägt zur Optimierung des Betriebs bei.

Optimierung der Elektro-Waggons

Das Konzept von Parallel Systems erfordert präzise Ingenieurarbeit und ein tiefes Verständnis der Waggondynamik. NREL-Forscher sind hier entscheidend. Sie nutzten die bei den Evaluierungen gesammelten Daten und Fahrzeugspezifikationen. Damit integrierten sie die Parallel-Waggons in ihr Open-Source-System ALTRIOS.

Jason Lustbader, leitender Forscher des NREL für das Projekt, erklärt: „ALTRIOS bietet eine Vogelperspektive auf ein Frachtsystem sowie die detaillierten Informationen einzelner Antriebsstränge und anderer Elemente. Das ermöglicht ALTRIOS, mit hoher Genauigkeit für einzelne Züge und ganze Schienennetze zu arbeiten und macht es für Eisenbahnen und Hersteller nützlich.“

Die Simulationen des NREL zeigen weitere Optimierungsmöglichkeiten. Die Forscher berechneten, dass die Elektro-Waggons eine Reichweite von 500 Meilen mit einer einzigen Ladung erreichen können. Dies ist möglich, ohne übermäßiges Batteriegewicht oder hohe Kosten zu verursachen. Sie bestimmten auch die optimale Platoon-Länge. Diese ermöglicht schnelle, energieeffiziente Lieferungen von möglichst vielen Containern. Zudem legten sie fest, wie viele Platoons Parallel dispatchieren könnte, ohne das Schienennetz zu überlasten.

Vorteile für ländliche Entwicklung

Parallel Systems sieht seine flexible Lösung als ideal für ländliche Gebiete. Dort können kleine Frachtterminals mit minimalem Aufwand und geringeren Kosten gebaut werden. Das NREL betont ebenfalls die Vorteile für unterversorgte ländliche Gemeinden. „Es kann auch kleineren Frachtterminals, die oft in ländlichen Gebieten liegen, helfen, mit größeren Anlagen zu konkurrieren“, so das Labor.

„In ländlichen Gemeinden mit geringerer Nachfrage ist das traditionelle Dispositionsmodell viel schwieriger“, fügt Lustbader hinzu. „Güterzüge müssen groß sein, um kosteneffektiv zu sein, und man sieht, dass Züge seltener in ländliche Gebiete fahren.“ Die Elektrifizierung der Eisenbahn reduziert nicht nur die lokale Umweltverschmutzung durch Diesel-Lkw. Sie führt auch zu weniger Lkw auf den Autobahnen, unabhängig davon, ob diese emissionsfrei sind oder nicht.