Wirtschaft8 Aufrufe7 Min. Lesezeit

Harley-Davidson: Ungewöhnliche Geschäftsfelder

Harley-Davidson ist bekannt für Motorräder, doch die Marke wagte sich in viele andere Bereiche vor: von Rasenmähermotoren über Boote und Raketenantriebe bis hin zu Golfwagen und Parfüms. Nicht alle di

Anja Meier
Von
Anja Meier

Anja Meier ist eine erfahrene Technologiejournalistin mit einem Fokus auf innovative Antriebssysteme und Nachhaltigkeit in der Automobilbranche. Sie analysiert seit über einem Jahrzehnt die Entwicklungen im Bereich Elektromobilität und alternative Kraftstoffe.

Autorenprofil
Harley-Davidson: Ungewöhnliche Geschäftsfelder

Harley-Davidson ist weltweit bekannt für seine Motorräder und eine starke Markenidentität. Doch abseits der ikonischen Zweiräder hat das Unternehmen im Laufe seiner Geschichte eine Reihe ungewöhnlicher Produkte hergestellt. Diese reichten von Rasenmähermotoren über Boote und Raketenantriebe bis hin zu Golfwagen und Parfüms. Nicht alle dieser Abstecher waren erfolgreich, aber sie zeigen die vielfältigen Versuche der Marke, neue Märkte zu erschließen.

Wichtige Erkenntnisse

  • Harley-Davidson produzierte in den 1930er Jahren Motoren für Rasenmäher.
  • Das Unternehmen war in den 1960er Jahren kurzzeitig im Bootsbau tätig.
  • Harley-Davidson stellte bis in die 1990er Jahre Raketenantriebe her.
  • Die Produktion von Golfwagen war ein überraschender Erfolg für die Marke.
  • Ein Versuch im Parfümgeschäft in den 1990er Jahren scheiterte deutlich.

Motoren für Rasenmäher

Während der Großen Depression in den 1930er Jahren suchte Harley-Davidson nach zusätzlichen Einnahmequellen. Das Unternehmen ging eine Partnerschaft mit der Worthington Mower Company ein. Worthington produzierte große kommerzielle Rasenmäher, bekannt als Overgreen, die für die Pflege weitläufiger Flächen wie Golfplätze und öffentlicher Felder eingesetzt wurden.

Ab 1929 fertigte Harley-Davidson Einzylinder-Seitenventilmotoren, auch als Flathead-Motoren bekannt, für diese industriellen Rasenmäher. Vor dieser Zusammenarbeit bezog Worthington seine Motoren vom Konkurrenten Indian. Die Einnahmen aus diesem Geschäft waren für Harley-Davidson in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wertvoll.

Fakt

Harley-Davidson lieferte etwa ein Jahrzehnt lang Motoren an die Worthington Mower Company. Dies half dem Unternehmen, die finanziellen Herausforderungen der Großen Depression zu bewältigen.

Obwohl dieses Produkt kein Misserfolg war, entschied sich die Marke Ende der 1930er Jahre, ihren Fokus wieder primär auf die Motorradproduktion zu legen. Dies markierte das Ende von Harley-Davidsons Engagement im Rasenmähergeschäft.

Boote und Raketenantriebe

In den 1960er Jahren wagte sich Harley-Davidson in neue Bereiche vor, die weit vom Motorradfahren entfernt waren. Im Jahr 1962 beteiligte sich das Unternehmen finanziell an der Tomahawk Boat Manufacturing Corp. in Wisconsin. Kurz darauf wurde Tomahawk eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Harley-Davidson.

Mitte 1965 beendete Harley-Davidson jedoch die Bootsherstellung, um sich auf Motorradteile und andere nicht-schwimmende Produkte zu konzentrieren. Die Tomahawk-Boote wurden von herkömmlichen Evinrude-Außenbordmotoren angetrieben, nicht von einem charakteristischen Harley-Davidson V-Twin-Motor, was für Fans enttäuschend war.

"Die Diversifizierung in den Bootsbau war ein kurzer, aber bemerkenswerter Schritt für Harley-Davidson. Es zeigte den Willen, neue Märkte zu erkunden, auch wenn der Erfolg ausblieb."

Etwa zur gleichen Zeit, als das Bootsgeschäft eingestellt wurde, begann Harley-Davidson mit der Produktion des Raketenantriebs LR-64. Diese Motoren wurden hauptsächlich in Drohnen eingesetzt, die für Zielübungen im Militärtraining dienten. Obwohl es sich nicht um die größten Raketenantriebe handelte, war dieses Fertigungsunternehmen offenbar lukrativ. Die Produktion der LR-64-Antriebe setzte sich bis weit in die 1990er Jahre fort.

Erfolg mit Golfwagen und Utilicars

Einer der überraschendsten Erfolge von Harley-Davidson außerhalb des Motorradgeschäfts war die Herstellung von Golfwagen. Das Unternehmen startete 1963 mit einem dreirädrigen, benzinbetriebenen Modell. Anfang der 1970er Jahre waren sowohl elektrische Modelle als auch vierrädrige Wagen verfügbar.

Die frühen Modelle waren besonders eigenwillig. Um beispielsweise zwischen Vorwärts- und Rückwärtsgang zu wechseln, musste der Fahrer den Benzinmotor vollständig abstellen. Die Lenkung erfolgte über einen mittig auf dem Armaturenbrett zwischen Fahrer und Beifahrer angebrachten Lenkhebel, ähnlich dem eines Bootes.

Hintergrundinformationen

Die Golfwagenproduktion setzte sich fort, nachdem Harley-Davidson an AMF verkauft wurde. Anfang der 1980er Jahre wollte AMF jedoch aus dem Golfwagengeschäft aussteigen. 1982 wurde die von Harley-Davidson begonnene Golfwagenabteilung von AMF an Columbia Par Car verkauft.

Einige Sammler betrachten die Par Cars der 1980er Jahre noch als Fortsetzung der Harley-Davidson-Linie. Dies galt, bis der Motor später auf einen Briggs & Stratton-Typ umgestellt wurde und das dreirädrige Modell verschwand. Dies zeigt die nachhaltige Wirkung des ursprünglichen Designs.

Eine Ableitung der Harley-Davidson Golfwagenproduktion war der Utilicar der Marke. Dieses Miniaturfahrzeug basierte auf den Fahrgestellen der Golfwagen. Es debütierte 1966 und wurde bis mindestens 1980 gebaut. Man kann sich den Utilicar als ein kleines Fahrzeug vorstellen, das von Mitarbeitern wie etwa Parkscheinwächtern oder Postboten genutzt wurde, ähnlich den Fahrzeugen von Cushman.

  • Der H-D „Utilicar“ verfügte über eine geschlossene Fahrerkabine.
  • Er hatte eine Tragfähigkeit von 750 Pfund (ca. 340 kg).
  • Es gab mehrere verschiedene Ladeflächenkonfigurationen.
  • Neben benzinbetriebenen Versionen waren auch elektrische Modelle für den Einsatz in Innenräumen, beispielsweise in Fabriken, erhältlich.

Das Parfüm-Fiasko

Einen deutlichen Misserfolg erlebte Harley-Davidson Mitte der 1990er Jahre mit einer eigenen Parfümlinie. Zu dieser Zeit befand sich die Marke auf dem Höhepunkt ihrer Popularität. Käufer waren bereit, deutlich mehr als den Einzelhandelspreis für ein neues Big Twin-Modell wie die Fat Boy zu zahlen, die durch "Terminator 2" bekannt wurde.

Alternativ musste man sich auf lange Wartelisten setzen lassen, die Monate dauern konnten. Beflügelt von diesem Erfolg, ging das Unternehmen eine Partnerschaft mit L'Oréal ein. Ziel war die Entwicklung von Düften für Männer und Frauen unter dem Produktnamen "Hot Road" und dem Slogan "The Scent of Freedom".

Wussten Sie schon?

Die einzelnen Düfte trugen Namen wie Destiny Man, Destiny Woman, Cool Spirit und Black Fire. Trotz dieser Namensgebung waren die Produkte im Markt nicht erfolgreich.

Obwohl manche Harley-Superfans bereit sind, fast alles mit dem Bar & Shield-Logo zu kaufen, waren Parfüms und Eau de Cologne für viele eine Grenze. Echte Harley-Düfte werden eher mit Benzin, Öl und Leder assoziiert, nicht mit Ananas, Lavendel und moosigen Untertönen. Die Verkaufszahlen von "Hot Road" waren so enttäuschend, dass das Produkt heute im Museum of Failure in Helsingborg, Schweden, ausgestellt ist.

Dieser Ausflug in die Welt der Düfte zeigt, dass selbst eine starke Marke wie Harley-Davidson nicht in jedem Segment erfolgreich sein kann. Die Kernidentität des Unternehmens ist eng mit seinen Motorrädern und dem damit verbundenen Lebensgefühl verbunden. Versuche, diese Identität auf völlig andere Produkte zu übertragen, führen nicht immer zum gewünschten Erfolg.

Die Geschichte von Harley-Davidsons Nebenprojekten ist eine Mischung aus unerwarteten Erfolgen und klaren Fehlschlägen. Sie illustriert jedoch die Bereitschaft des Unternehmens, über den Tellerrand zu blicken und sich an neue Herausforderungen anzupassen, auch wenn dies manchmal zu ungewöhnlichen Ergebnissen führte.