Der Elektrofahrzeughersteller Rivian hat sich zur Zahlung von 250 Millionen US-Dollar bereit erklärt, um eine Sammelklage beizulegen. Die Klage wurde nach einer umstrittenen Preiserhöhung im Jahr 2022 eingereicht, bei der Anleger dem Unternehmen vorwarfen, sie über die Produktionskosten getäuscht zu haben.
Die wichtigsten Punkte
- Rivian zahlt 250 Millionen Dollar zur Beilegung einer Sammelklage von Anlegern.
- Die Klage folgte auf eine drastische Preiserhöhung für die Modelle R1T und R1S im März 2022.
- Kläger warfen Rivian vor, in den Börsenprospekten irreführende Angaben zu den Produktionskosten gemacht zu haben.
- Das Unternehmen bestreitet ein Fehlverhalten und bezeichnet den Vergleich nicht als Schuldeingeständnis.
Ein teurer Rückzieher
Im März 2022 kündigte Rivian eine deutliche Preisanpassung für seine ersten beiden Modelle an. Der Preis für den R1T Pickup stieg von 67.500 auf 79.500 Dollar, während der R1S SUV von 70.000 auf 84.500 Dollar erhöht wurde. Dies entsprach einer Steigerung von fast 20 Prozent.
Der eigentliche Auslöser für den Unmut war jedoch die Entscheidung, diese neuen Preise auch auf bestehende Reservierungen anzuwenden. Frühe Unterstützer, die ihre Fahrzeuge Monate oder sogar Jahre im Voraus bestellt hatten, sahen sich plötzlich mit erheblich höheren Kosten konfrontiert.
Die Reaktion der Kunden und der Öffentlichkeit war heftig. Nur wenige Tage später machte Rivian einen Rückzieher. Das Unternehmen entschuldigte sich und versicherte, dass alle bis zur Ankündigung getätigten Reservierungen zu den ursprünglich vereinbarten Preisen abgewickelt würden. Die Preiserhöhung galt fortan nur noch für Neubestellungen.
Hintergrund der Preiserhöhung
Rivian begründete die Preisanpassungen ursprünglich mit gestiegenen Komponentenkosten und Engpässen in der Lieferkette, die die gesamte Automobilindustrie betrafen. Die plötzliche und drastische Art der Erhöhung sowie die anfängliche Einbeziehung von Bestandskunden führten jedoch zu erheblichem Vertrauensverlust.
Die Vorwürfe der Anleger
Obwohl die Kunden besänftigt waren, war der Schaden an der Börse bereits angerichtet. Kurz nach der Ankündigung wurde eine Sammelklage im Namen von Investoren eingereicht, die Rivian-Aktien zwischen dem Börsengang im November 2021 und März 2022 erworben hatten.
Der Kernvorwurf der Klage war, dass Rivian in seinen Unterlagen zum Börsengang irreführende Aussagen über die Fahrzeugpreise und die tatsächlichen Produktionskosten gemacht habe. Die Kläger argumentierten, das Unternehmen habe gewusst, dass die ursprünglichen Preise nicht haltbar seien, dies aber vor dem Börsengang verschwiegen, um den Aktienkurs künstlich hoch zu halten.
Die Klage beschuldigte das Unternehmen, wichtige Informationen über die wahren Kosten der R1-Modellreihe in den vor dem Börsengang 2021 eingereichten Unterlagen ausgelassen zu haben.
Die anschließende Preiserhöhung wurde von den Klägern als Beweis dafür angeführt, dass das ursprüngliche Geschäftsmodell fehlerhaft war, was zu erheblichen Verlusten für die Aktionäre führte, als der Aktienkurs nach der Ankündigung fiel.
Details des millionenschweren Vergleichs
Rivian hat nun zugestimmt, den Fall mit einer Zahlung von 250 Millionen Dollar beizulegen. Das Unternehmen betont jedoch, dass dies kein Schuldeingeständnis sei. In einer offiziellen Erklärung heißt es, der Vergleich diene dazu, die Unsicherheit und die Kosten eines langwierigen Rechtsstreits zu vermeiden.
Die Finanzierung der Vergleichssumme ist aufgeteilt:
- 67 Millionen Dollar werden durch die Managerhaftpflichtversicherung des Unternehmens abgedeckt.
- Die restlichen 183 Millionen Dollar zahlt Rivian aus seinen eigenen Barreserven.
Der Vergleich muss noch von einem Gericht endgültig genehmigt werden. Anspruchsberechtigt sind alle Personen und Institutionen, die zwischen dem 10. November 2021 und dem 10. März 2022 Rivian-Stammaktien der Klasse A erworben haben.
Finanzielle Lage von Rivian
Trotz der hohen Vergleichssumme verfügt Rivian über erhebliche liquide Mittel. Zum Ende des zweiten Quartals 2024 beliefen sich die Barreserven und Äquivalente des Unternehmens auf rund 4,8 Milliarden US-Dollar.
Ein kritischer Zeitpunkt für die Zukunft
Die Zahlung von 183 Millionen Dollar aus der eigenen Kasse kommt für Rivian zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Das Unternehmen investiert massiv in die Entwicklung und den Produktionsstart seines nächsten Modells, des kleineren und günstigeren R2.
Der Rivian R2 gilt als entscheidend für den langfristigen Erfolg des Unternehmens. Mit ihm will Rivian den Massenmarkt erschließen und endlich Profitabilität erreichen. Jeder Dollar, der nun für die Beilegung alter Rechtsstreitigkeiten ausgegeben wird, fehlt bei der Finanzierung dieses zukunftsweisenden Projekts.
Die Beilegung der Klage beseitigt zwar eine rechtliche Unsicherheit, stellt aber gleichzeitig eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Der Fokus des Managements liegt nun darauf, die Produktion hochzufahren und den R2 erfolgreich auf den Markt zu bringen, um das Vertrauen der Investoren endgültig zurückzugewinnen.




