Die Automobilindustrie erlebt derzeit einen deutlichen Rückschlag im Bereich der Elektromobilität. Mehrere große Hersteller und Zulieferer haben Investitionen in Elektrofahrzeuge (EVs) reduziert und Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut. Dies geschieht nach der Abschaffung wichtiger staatlicher Anreize für Verbraucher.
Wichtige Erkenntnisse
- GM kündigt den Abbau von 1.750 Stellen in den USA an.
- Rivian entlässt 4,5 Prozent seiner Belegschaft, über 600 Mitarbeiter.
- Freudenberg e-Power Systems schließt zwei Werke in Michigan, 324 Mitarbeiter betroffen.
- Die Abschaffung der Steuergutschrift für E-Autos beeinflusst die Nachfrage stark.
- Experten sehen auch globale Handelshemmnisse und Lieferkettenprobleme als Ursachen.
Massiver Stellenabbau bei großen Herstellern
General Motors (GM) hat angekündigt, rund 1.200 Mitarbeiter in seinem Werk in Detroit zu entlassen. Weitere 550 Stellen fallen im Ultium Cells Werk in Ohio weg. Hinzu kommen temporäre Entlassungen von 850 Mitarbeitern im selben Ohio-Werk und 710 weiteren im Ultium-Werk in Tennessee.
Diese Maßnahmen sind Teil einer Neuausrichtung der Elektrofahrzeugstrategie des Unternehmens. Die Geschäftsleitung reagiert damit auf eine geringere als erwartete Akzeptanz von E-Fahrzeugen bei den Verbrauchern.
„Angesichts des sich entwickelnden regulatorischen Rahmens und des Endes der staatlichen Verbraucheranreize ist nun klar, dass die kurzfristige EV-Adoption geringer ausfallen wird als geplant“, erklärte Mary Barra, CEO von GM, in einem Schreiben an Investoren. „Deshalb bewerten wir unsere EV-Kapazität und unsere Produktionsstätten neu.“
Weitere Unternehmen betroffen
Auch andere wichtige Akteure im EV-Sektor sind von diesem Trend betroffen. Der E-Auto-Hersteller Rivian hat im letzten Monat angekündigt, etwa 4,5 Prozent seiner Belegschaft zu entlassen. Dies entspricht über 600 Arbeitsplätzen.
Faktencheck
- GM: 1.750 dauerhafte und 1.560 temporäre Entlassungen.
- Rivian: Über 600 Stellen abgebaut (4,5% der Belegschaft).
- Freudenberg e-Power Systems: 324 Mitarbeiter betroffen durch Werksschließungen.
RJ Scaringe, CEO von Rivian, begründete die Entscheidung in einer internen Mitteilung mit dem sich ändernden operativen Umfeld und der Notwendigkeit, die Markteinführungsstrategien neu zu überdenken.
Freudenberg e-Power Systems, ein Zulieferer von EV-Batterien, kündigte diese Woche die Schließung von zwei seiner Werke in Michigan an. Dadurch verlieren 324 Mitarbeiter ihre Anstellung. Das Unternehmen nannte als Grund den Rückgang der Nachfrage nach schweren Elektro- und Hybrid-Elektrofahrzeugen in Nordamerika.
Auswirkungen der politischen Entscheidungen
Die aktuellen Entwicklungen folgen auf die Abschaffung einer wichtigen Steuergutschrift für Verbraucher, die den Kauf von Elektrofahrzeugen um bis zu 7.500 US-Dollar verbilligte. Diese Gutschrift lief Ende September aus. Diese politische Entscheidung hat die Nachfrage nach EVs spürbar gedämpft.
Hintergrund der Anreize
Die Steuergutschrift war ein entscheidender Faktor, um die Preise von Elektrofahrzeugen für Endverbraucher attraktiver zu gestalten. Ihr Wegfall hat die Kosten für potenzielle Käufer wieder erhöht, was sich direkt auf die Verkaufszahlen auswirkt.
Shawn Fain, Präsident der Gewerkschaft United Autoworkers, kritisierte sowohl die Unternehmen als auch die Regierung. Er wies darauf hin, dass GM in der Vorwoche seine erwarteten Jahresgewinne auf 13 Milliarden Dollar erhöht hatte, nur um kurz darauf Entlassungen anzukündigen.
„Die Unternehmen erwirtschaften weiterhin jedes Jahr Milliarden an Gewinnen“, sagte Fain. „Wir wussten – und das Unternehmen wusste –, dass der Übergang zu Elektrofahrzeugen volatil sein würde. Die Kürzung der staatlichen Subventionen für EVs hat diese Volatilität nur noch verschlimmert.“
Vielfältige Ursachen für den Abschwung
Stephanie Valdez Streaty, Direktorin für Branchenkenntnisse bei Cox Automotive, bestätigte, dass die staatlichen Maßnahmen, insbesondere das Ende der Steuergutschriften, ein wesentlicher Faktor für den Nachfragerückgang sind. Sie betonte jedoch, dass auch andere Faktoren eine Rolle spielen.
Dazu gehören anhaltende Zölle, Chip-Engpässe und Produktionsausfälle, wie sie beispielsweise durch einen Aluminiumbrand verursacht wurden. All diese Elemente verstärken die Herausforderungen, denen sich die Automobilhersteller bei der Produktionsplanung stellen müssen.
Zusätzliche Herausforderungen
- Zölle beeinflussen Exportfähigkeit.
- Chip-Engpässe behindern Produktion.
- Andere Produktionsstörungen erschweren die Planung.
Mike Madowitz, Chefökonom am Roosevelt Institute, wies darauf hin, dass der Stellenabbau in einer ohnehin schwierigen Zeit für das verarbeitende Gewerbe stattfindet. Die Beschäftigung in der Fertigung sei seit der Ankündigung von Zöllen generell rückläufig.
Langfristige Investitionen in Auto- und Batteriewerke erfordern eine hohe Planungssicherheit. Die aktuelle Unsicherheit bezüglich der Exportmöglichkeiten aus den USA erschwert diese Entscheidungen erheblich.
Ausblick für die Elektromobilität
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass der Übergang zur Elektromobilität komplexer und volatiler ist als ursprünglich angenommen. Die Abhängigkeit von staatlichen Anreizen und die Anfälligkeit für globale Wirtschafts- und Handelspolitiken sind deutliche Risikofaktoren.
Unternehmen müssen ihre Strategien anpassen und möglicherweise flexibler auf sich ändernde Marktbedingungen reagieren. Die Fähigkeit, Arbeitskräfte umzuschulen oder in andere Produktionsbereiche zu verlagern, könnte entscheidend sein, um die Auswirkungen auf die Belegschaft zu minimieren.
Die Branche steht vor der Aufgabe, das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen und gleichzeitig die Produktionskosten wettbewerbsfähig zu halten. Dies erfordert innovative Lösungen und eine langfristige Vision, die über kurzfristige politische Änderungen hinausgeht.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Politik und die Marktbedingungen in den kommenden Monaten entwickeln. Der Weg zur vollständigen Elektrifizierung des Verkehrs ist mit erheblichen Herausforderungen verbunden, die sowohl von den Herstellern als auch von den Regierungen bewältigt werden müssen.




