Im vergangenen Jahr kehrten 46 Ersthelfer in den Vereinigten Staaten nicht von ihrer Arbeit am Straßenrand nach Hause zurück. Sie wurden von vorbeifahrenden Fahrzeugen erfasst, während sie anderen halfen. Eine neue Studie zeigt nun, dass Unwissenheit und mangelnde Konsequenzen für Autofahrer die Hauptursachen für diese vermeidbaren Tragödien sind.
Wichtige Erkenntnisse
- Im letzten Jahr starben 46 Ersthelfer bei Einsätzen am Straßenrand.
- Viele Autofahrer kennen die „Slow Down, Move Over“-Gesetze nicht oder verstehen sie falsch.
- Abschleppwagenfahrer sind dem größten Risiko ausgesetzt, da Fahrer ihnen seltener ausweichen.
- Eine Videoanalyse ergab, dass mehr als ein Drittel der Fahrer weder langsamer fuhr noch die Spur wechselte.
- Experten fordern klarere Gesetze, bessere Aufklärung und eine konsequentere Strafverfolgung.
Das stille Risiko für Helfer
Polizisten, Feuerwehrleute, Sanitäter und Mitarbeiter von Abschleppdiensten riskieren täglich ihr Leben, um gestrandeten Autofahrern zu helfen. Doch eine ihrer größten Gefahren lauert im fließenden Verkehr. Allein im letzten Jahr verloren 46 dieser Helfer ihr Leben, weil sie am Straßenrand von Fahrzeugen erfasst wurden, so das Emergency Responder Safety Institute.
Um solche Vorfälle zu verhindern, wurden in allen US-Bundesstaaten sogenannte „Slow Down, Move Over“-Gesetze (SDMO) eingeführt. Diese schreiben vor, dass sich nähernde Fahrzeuge ihre Geschwindigkeit reduzieren und, wenn möglich, die Spur wechseln müssen, um einen Sicherheitsabstand zu schaffen.
Was sind „Slow Down, Move Over“-Gesetze?
Diese Gesetze verpflichten Autofahrer, beim Vorbeifahren an einem stehenden Notfall-, Pannen- oder Wartungsfahrzeug mit eingeschalteten Warnleuchten langsamer zu fahren und eine Spur Abstand zu halten. Ziel ist es, die Sicherheit der am Straßenrand arbeitenden Personen zu gewährleisten.
Eine aktuelle Untersuchung der AAA Foundation for Traffic Safety (AAAFTS) offenbart jedoch eine beunruhigende Realität: Trotz der landesweiten Gesetzgebung herrscht bei vielen Autofahrern große Verwirrung über die genauen Vorschriften.
„Seit mehr als 20 Jahren setzen wir uns für diese Gesetze in jedem Bundesstaat ein, und trotzdem verlieren wir immer noch viel zu viele Helden am Straßenrand“, sagte Gene Boehm, Präsident und CEO von AAA National. „Es ist klar, dass Bewusstsein allein nicht ausreicht.“
Ein Gesetz, das kaum jemand kennt
Die Studie der AAAFTS zeigt eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Existenz der Gesetze und dem Wissen der Öffentlichkeit darüber. Obwohl zwei Drittel der befragten Fahrer angaben, von den SDMO-Gesetzen gehört zu haben, konnten viele nicht sagen, ob ein solches Gesetz in ihrem Bundesstaat gilt oder was es genau vorschreibt.
Besonders alarmierend ist die Wahrnehmung, wen diese Gesetze schützen sollen. Autofahrer neigen weitaus eher dazu, für Polizeifahrzeuge Platz zu machen, als für Abschleppwagen oder andere Pannenfahrzeuge. Dies deutet auf ein weitverbreitetes Missverständnis hin, dass die Gesetze nur für Strafverfolgungsbehörden gelten.
Das Risiko für Abschleppdienste ist am höchsten
Die Auswertung von realem Videomaterial zeigte, dass nur 58 % der Fahrer für einen Abschleppwagen langsamer fuhren oder die Spur wechselten. Im Vergleich dazu taten dies 66 % bei einem Polizeifahrzeug. Dies macht Abschleppwagenfahrer zur am stärksten gefährdeten Gruppe am Straßenrand.
Verhalten auf der Straße weicht von Absicht ab
Forscher analysierten Aufnahmen von realen Verkehrssituationen, um das tatsächliche Verhalten von Fahrern zu beobachten. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Nur 64 % der Fahrzeuge verlangsamten entweder ihr Tempo oder wichen auf eine andere Spur aus. Die restlichen 36 % taten keines von beiden und setzten die Helfer damit einem erheblichen Risiko aus.
Auffällig war zudem, dass Fahrer weitaus häufiger die Spur wechselten, als ihre Geschwindigkeit zu reduzieren. Dies zeigt, dass ein wesentlicher Teil des Gesetzes – das Verlangsamen – oft ignoriert wird. „Oft führen vermeidbare Tragödien zu diesen Ergebnissen“, erklärte Dr. David Yang, Präsident und Geschäftsführer der AAA Foundation for Traffic Safety.
Forderungen nach einheitlichen Regeln und mehr Kontrolle
Ein weiteres Problem ist die inkonsistente Durchsetzung der Gesetze. Die Strafen für Verstöße variieren stark von Bundesstaat zu Bundesstaat – von nur 30 US-Dollar in Florida bis zu 2.500 US-Dollar in Virginia. Viele Fahrer nehmen das Risiko einer Bestrafung als gering wahr, was die abschreckende Wirkung der Gesetze untergräbt.
Verkehrssicherheitsexperten wie Jake Nelson, Direktor bei AAA, fordern deshalb ein Umdenken. „Jeder Helfer, der am Straßenrand arbeitet, verdient es, sicher nach Hause zu kommen“, so Nelson. „Wir brauchen klare, einheitliche Gesetze, sichtbare Kontrollen und eine Aufklärung, die bei den Fahrern ankommt.“
AAA hat konkrete Empfehlungen formuliert, um die Sicherheit zu verbessern:
- Gesetze vereinheitlichen: Die Vorschriften sollen über die Bundesstaaten hinweg angeglichen werden, einschließlich einer klaren Definition, was „langsamer fahren“ bedeutet.
- Öffentlichkeit aufklären: Emotionale Kampagnen sollen die menschlichen Folgen von Verstößen zeigen und klarstellen, für welche Fahrzeuge die Gesetze gelten.
- Durchsetzung verstärken: Koordinierte, gut sichtbare Polizeikontrollen und der Einsatz von Technologien wie Dashcams sollen die Einhaltung der Regeln fördern.
Ein Bundesstaat macht den nächsten Schritt
Der Bundesstaat Kansas hat bereits reagiert und sein bestehendes Gesetz erweitert. Das ursprüngliche Gesetz schützte Polizei, Feuerwehr, Sanitäter und Wartungspersonal. Im Rahmen einer neuen Gesetzesinitiative, die am 1. Juli in Kraft trat, wurde der Schutz nun auf alle am Straßenrand stehenden Fahrzeuge mit eingeschalteter Warnblinkanlage oder anderen Warnsignalen ausgeweitet.
Dieser Schritt könnte als Vorbild für andere Staaten dienen, um den Schutz für alle Verkehrsteilnehmer zu verbessern. Zusätzlich setzen Organisationen wie AAA auf technologische Lösungen. Durch Partnerschaften mit Unternehmen wie HAAS Alert werden Fahrer frühzeitig über eine Gefahrenstelle informiert und an die „Slow Down, Move Over“-Regel erinnert – ein weiterer Baustein, um die Straßen für alle sicherer zu machen.




