In Kansas City sehen sich Fahrer mit gültigen Behindertenausweisen mit einer Welle von hohen Bußgeldern konfrontiert. Der Grund ist eine kaum bekannte Vier-Stunden-Parkbeschränkung an Parkuhren, die laut Betroffenen und Rechtsexperten nicht ausreichend ausgeschildert ist. Dies führt zu erheblichem Stress und finanzieller Belastung für Menschen, die auf barrierefreies Parken angewiesen sind.
Die Zahl der Strafzettel für diese spezielle Übertretung ist in diesem Jahr dramatisch angestiegen, was bei den Betroffenen den Verdacht aufkommen lässt, dass es sich um eine gezielte Maßnahme handelt, um Einnahmen zu generieren.
Wichtige Erkenntnisse
- Fahrer mit Behindertenausweis erhalten in Kansas City Bußgelder von über 100 Dollar für das Überschreiten einer Vier-Stunden-Parkfrist.
- Die Parkuhren, Schilder und die offizielle Park-App weisen nicht auf diese spezielle Zeitbegrenzung hin.
- Die Anzahl der ausgestellten Strafzettel für dieses Vergehen stieg von einem im Jahr 2023 auf 49 bis Oktober 2025.
- Rechtsexperten argumentieren, dass die Bußgelder ohne klare Beschilderung rechtlich nicht durchsetzbar sein könnten.
Der tägliche Kampf um einen Parkplatz
Für die behinderte Veteranin Kay Parkison beginnt der Arbeitstag nicht mit beruflichen Aufgaben, sondern mit Angst. „Wenn ich jeden Tag zur Arbeit komme, habe ich sofort Angst und Stress“, erklärt sie. Der Grund ist nicht ihre Arbeit, sondern die Parkplatzsuche in der Innenstadt von Kansas City.
Ähnlich ergeht es Victor Fugate, einem weiteren Regierungsangestellten. Beide besitzen gültige Behindertenparkausweise, doch das schützt sie nicht vor teuren Strafzetteln. „110 oder 115 Dollar am Tag können den Unterschied ausmachen, ob man Benzin, Lebensmittel oder die Stromrechnung bezahlen kann“, sagt Fugate.
Trotz ihrer Berechtigung haben beide Strafzettel im Wert von Hunderten von Dollar erhalten. Das teuerste Vergehen: Parken an einer Parkuhr für länger als vier Stunden.
Eine unsichtbare Regel
Das Problem liegt in einer städtischen Verordnung, die vielen unbekannt ist. Laut Gesetz haben Fahrer mit Behindertenausweis Anspruch auf vier Stunden kostenloses Parken an Parkuhren. Jede Überschreitung dieser Zeit wird mit einem hohen Bußgeld geahndet.
Jedoch gibt es einen entscheidenden Haken: Weder die Parkuhren selbst, noch die umliegenden Schilder oder die offizielle Park-App der Stadt weisen auf diese Vier-Stunden-Grenze hin. „Nirgendwo steht etwas von einem Vier-Stunden-Limit“, betont Fugate. Die Fahrer werden im Unklaren gelassen und erst durch den Strafzettel unter der Windschutzscheibe über die Regel informiert.
Anstieg der Strafzettel
Die Daten der Stadt zeigen einen drastischen Anstieg bei der Ahndung dieses spezifischen Parkverstoßes:
- 2023: 1 Strafzettel
- 2024: 10 Strafzettel
- 2025 (bis 13. Oktober): 49 Strafzettel
Jeder dieser Strafzettel beläuft sich auf etwa 110 Dollar.
Die Position der Stadtverwaltung
Die Stadtverwaltung von Kansas City ist sich des Problems bewusst, verteidigt jedoch ihr Vorgehen. Matthew Muckenthaler, der Leiter der Abteilung für Parken und Abschleppen, erklärt, dass die Parkraumüberwachung in der Innenstadt, insbesondere im Bereich des East Village, intensiviert wurde.
Er räumt ein, dass die Strafzettel für Fahrer mit Behindertenausweis nur einen kleinen Prozentsatz der gesamten Verstöße ausmachen. Unbezahlte Parkgebühren und Probleme mit Nummernschildern seien mit 80 % die häufigsten Vergehen. Dennoch werde man die Einhaltung aller Regeln durchsetzen. „Wir müssen unsere Arbeit bei allen anderen Verstößen, die es gibt, weiterhin machen“, so Muckenthaler.
Warum fehlt die Beschilderung?
Auf die Frage, warum die Vier-Stunden-Regel nicht klar ausgeschildert ist, liefert Muckenthaler eine überraschende Antwort: Platzmangel. „Mehr Text über eine sehr spezifische Art des kostenlosen Parkens würde andere Parkplatznutzer nur verwirren“, argumentiert er.
Gesetzliche Vorgaben
Sowohl das städtische als auch das staatliche Recht in Missouri schreiben vor, dass jegliche Zeitlimits für das Parken klar und deutlich ausgeschildert sein müssen. Das Fehlen solcher Hinweise stellt die Rechtmäßigkeit der ausgestellten Bußgelder in Frage.
Diese Erklärung überzeugt jedoch nicht jeden. Viele Betroffene fühlen sich gezielt ins Visier genommen und unfair behandelt. „Wir haben keine Zeit, alle städtischen Verordnungen durchzulesen“, meint Victor Fugate, der das Gefühl hat, dass die Gründe für die Strafzettel immer willkürlicher werden. Er erinnert sich an einen Strafzettel, den er erhielt, weil er „nicht nah genug am unebenen Gehweg geparkt“ habe.
Rechtliche Zweifel und Interessenkonflikte
Die Argumentation der Stadt, dass eine klare Beschilderung zu Verwirrung führen würde, wird von Rechtsexperten kritisiert. Der Strafverteidiger Howard Lotven hält die Praxis für rechtlich fragwürdig.
„Es spielt keine Rolle, wie groß oder klein die betroffene Bevölkerungsgruppe ist. Wenn das staatliche Gesetz vorschreibt, dass man es tun muss, dann muss man es tun“, sagt Lotven. „Wenn es an diesen Parkuhren keinen Hinweis gibt, dann glaube ich nicht, dass es durchsetzbar ist, weil die Beschilderung nach dem Gesetz von Missouri fehlt.“
Lotven weist zudem darauf hin, dass dieses Problem mit einer alternden Bevölkerung und einer steigenden Zahl von Menschen, die auf Behindertenparkplätze angewiesen sind, weiter an Bedeutung gewinnen wird.
Ein möglicher Interessenkonflikt
Ein weiterer Aspekt sorgt für Misstrauen bei den Betroffenen. Das Unternehmen, das von der Stadt mit der Parkraumüberwachung beauftragt ist, betreibt gleichzeitig mehrere kostenpflichtige Dauerparkplätze in der Nähe. Victor Fugate sieht darin einen klaren Interessenkonflikt.
Er vermutet, dass das Unternehmen durch die strenge Ahndung von Straßenparkplätzen die Fahrer dazu bewegen will, die teureren Monatsabonnements für die Parkhäuser abzuschließen. „Dasselbe Unternehmen, das durch Strafzettel vom Parken auf der Straße abrät, würde von diesem Geschäft auf den Monatsparkplätzen finanziell profitieren“, so Fugate.
Matthew Muckenthaler von der Stadtverwaltung widerspricht dieser Darstellung. „Teil eines Straßenparksystems ist es, dass man Langzeitparker dazu bringen möchte, auf Parkplätzen abseits der Straße zu parken. Je mehr Management es also gibt, desto einfacher ist es für die Leute, diese Parkplätze zu finden.“
Für Kay Parkison und Victor Fugate ist das keine zufriedenstellende Lösung. Anstatt die monatlichen Gebühren zu zahlen, haben sie eine umständliche Routine entwickelt: Sie nutzen ihre 30-minütige Mittagspause, um ihr Auto umzuparken und so einem weiteren Bußgeld zu entgehen – ein täglicher Aufwand, der den ohnehin schon vorhandenen Stress weiter erhöht.




