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Neues Batteriesystem für Elektroautos wirft Fragen auf

Ein neues System soll brennende EV-Batterien im Notfall aus Fahrzeugen schleudern. Das Konzept schützt Insassen, birgt jedoch erhebliche Gefahren für die Umgebung.

Anja Meier
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Anja Meier

Anja Meier ist eine erfahrene Technologiejournalistin mit einem Fokus auf innovative Antriebssysteme und Nachhaltigkeit in der Automobilbranche. Sie analysiert seit über einem Jahrzehnt die Entwicklungen im Bereich Elektromobilität und alternative Kraftstoffe.

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Neues Batteriesystem für Elektroautos wirft Fragen auf

Ein vorgeschlagenes Batteriesystem für Elektrofahrzeuge, das im Brandfall die Batteriepakete aus dem Fahrzeug schleudern soll, hat eine Debatte über Sicherheit und potenzielle Risiken ausgelöst. Das Konzept zielt darauf ab, Insassen und das Fahrzeug vor einem thermischen Durchgehen zu schützen. Es wirft jedoch Bedenken hinsichtlich der Gefahr für Unbeteiligte und die Umgebung auf.

Wichtige Punkte

  • Ein neues System soll brennende EV-Batterien aus dem Fahrzeug schleudern.
  • Ziel ist der Schutz der Fahrzeuginsassen und des Fahrzeugs selbst.
  • Experten äußern Sicherheitsbedenken für Fußgänger und die Umgebung.
  • Die Masse einer EV-Batterie kann der eines Kleinwagens entsprechen.
  • Offene Fragen zur Funktion bei geschwollenen Batterien bleiben unbeantwortet.

Das Konzept der Batterieauslösung

Das Chinesische Technische Forschungszentrum für Fahrzeugkollisionsreparatur und Joyson Electronics haben gemeinsam ein System entwickelt, das im Brandfall eine Elektrofahrzeugbatterie aus dem Fahrzeug auswerfen soll. Dieses System erkennt ein thermisches Durchgehen innerhalb der Batterie. Innerhalb einer Sekunde nach dieser Erkennung wird ein Gasgenerator aktiviert, ähnlich dem Mechanismus eines Airbags. Dieser Generator schleudert die brennende Batterie drei bis sechs Meter weit vom Fahrzeug weg.

Ein Video zeigt einen modifizierten Chery iCar 03, der seine beiden Batteriepakete schnell zur rechten Seite des Fahrzeugs ausstößt. Die primäre Absicht des Systems ist es, die Sicherheit der Fahrzeuginsassen zu gewährleisten und das Fahrzeug selbst vor dem vollständigen Ausbrennen zu schützen. Die brennende Batterie würde somit nicht im Fahrzeug verbleiben, sondern in die Umgebung katapultiert.

Fakten zum Batteriesystem

  • Erkennungszeit: Innerhalb von 1 Sekunde nach thermischem Durchgehen.
  • Ausstoßweite: 3 bis 6 Meter.
  • Mechanismus: Gasgenerator, ähnlich einem Airbag.
  • Gewicht: Eine EV-Batterie kann das Gewicht eines Kleinwagens erreichen.

Sicherheitsbedenken und potenzielle Gefahren

Obwohl das System darauf abzielt, die Insassen zu schützen, wirft es erhebliche Sicherheitsbedenken für Personen außerhalb des Fahrzeugs auf. Eine Elektrofahrzeugbatterie kann ein Gewicht erreichen, das dem eines Kleinwagens entspricht. Ein solches Objekt, das brennend und mit hoher Geschwindigkeit aus einem Fahrzeug geschleudert wird, stellt eine erhebliche Gefahr dar. Fußgänger, Radfahrer oder sogar nahegelegene Gebäude könnten von den ausgeworfenen Batterien getroffen werden.

„Die Idee, eine brennende Batterie mit dem Gewicht eines Kleinwagens in die Umgebung zu schleudern, scheint die Gefahr lediglich zu verlagern, anstatt sie zu lösen“, so ein Sicherheitsexperte.

Zusätzlich zur direkten Aufprallgefahr besteht das Risiko, dass die ausgeworfenen Batterien Brände in der Umgebung verursachen. Wenn eine brennende Batterie auf trockenes Gras, andere Fahrzeuge oder Gebäude trifft, könnte dies zu einem weitaus größeren Brand als der ursprüngliche Fahrzeugbrand führen. Dies könnte die Arbeit von Rettungskräften zusätzlich erschweren und die Schadensausmaße erhöhen.

Vergleich mit bekannten Szenarien

Einige Beobachter ziehen Vergleiche zu fiktiven Szenarien, wie dem Ausstoßen eines explodierenden Warpkerns in Science-Fiction-Filmen. Dort geschieht dies jedoch im Vakuum des Weltraums. Auf der Erde sind die Bedingungen anders. Hier würde eine ausgeworfene Batterie nicht nur direkten Schaden anrichten, sondern auch das Risiko einer großflächigen Brandverbreitung mit sich bringen. Das Konzept ähnelt eher dem Abfeuern von Torpedos als einem sicheren Notfallmechanismus.

Das primäre Ziel, die Fahrzeugbesatzung zu retten, ist nachvollziehbar. Die Methode der Batterieejektion verlagert jedoch die Gefahr von den Insassen auf die unmittelbare Umgebung. Dies könnte in dicht besiedelten Gebieten oder auf belebten Straßen zu unkontrollierbaren Situationen führen.

Hintergrund: Thermisches Durchgehen

Thermisches Durchgehen ist ein Zustand, bei dem eine Batterie aufgrund von Überhitzung, Beschädigung oder internen Fehlern eine unkontrollierte Kettenreaktion auslöst. Dies führt zu einem schnellen Anstieg der Temperatur und kann Gase freisetzen oder zu einem Brand führen. Es ist eine der größten Herausforderungen bei der Entwicklung sicherer Elektrofahrzeuge.

Technische Herausforderungen und offene Fragen

Ein weiteres technisches Problem betrifft den Zustand der Batterien vor einem Brand. Batterien können im Laufe ihrer Lebensdauer oder bei bestimmten Defekten anschwellen. Es ist unklar, ob eine solche geschwollene Batterie wie vorgesehen ausgeworfen werden könnte. Ein fehlerhafter Ausstoßprozess könnte zu noch größeren Schäden am Fahrzeug führen. Dies könnte die Insassen verletzen oder die Brandausbreitung im Fahrzeug beschleunigen.

Die Hersteller müssen sicherstellen, dass solche Systeme unter allen denkbaren Bedingungen zuverlässig funktionieren. Die Komplexität, die mit dem Ausstoßen eines schweren, brennenden Objekts verbunden ist, erfordert umfassende Tests und eine strenge Risikobewertung. Die langfristigen Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit müssen dabei Priorität haben. Bis diese Fragen geklärt sind, bleibt die Idee der Batterieauslösung umstritten.

Fazit und Ausblick

Das vorgeschlagene Batteriesystem ist ein Versuch, die Sicherheit von Elektrofahrzeugen im Brandfall zu verbessern. Es birgt jedoch erhebliche ungelöste Fragen und potenzielle Gefahren. Die Verlegung eines Brandes von einem Fahrzeug in die Umgebung könnte zu schwerwiegenderen Konsequenzen führen. Die weitere Entwicklung solcher Sicherheitssysteme muss die Sicherheit aller Beteiligten berücksichtigen, nicht nur die der Fahrzeuginsassen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie diese Technologie in Zukunft weiterentwickelt und reguliert wird, um die genannten Risiken zu minimieren.