Chinesische Unternehmen haben in den letzten zehn Jahren massiv in die globale Elektrofahrzeug- und Batterieindustrie investiert. Zwischen 2014 und 2025 flossen rund 143 Milliarden US-Dollar in ausländische Projekte. Dieser Trend zeigt Chinas Bestreben, seine gesamte Wertschöpfungskette im EV-Sektor zu sichern, während geopolitische Spannungen zunehmen.
Wichtige Erkenntnisse
- Chinesische Unternehmen investierten 143 Milliarden US-Dollar in globale EV- und Batterieprojekte.
- Erstmals überstiegen 2024 die Auslandsinvestitionen die Inlandsinvestitionen im EV-Sektor.
- Indonesien und Ungarn sind die Hauptempfänger chinesischer EV-Investitionen.
- Asien und Afrika werden zunehmend zu wichtigen Zielen für Batteriekomponenten und Rohstoffe.
- Trotz Herausforderungen im Ausland treiben chinesische Firmen ihre globale Expansion voran.
Strategische Verlagerung der Investitionen
Die Investitionen chinesischer Elektrofahrzeug- und Batteriehersteller haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Historisch gesehen konzentrierten sich die Mittel stark auf Europa, doch dies hat sich gewandelt. Im Jahr 2024 überstiegen die Auslandsinvestitionen in die EV-Lieferkette erstmals die Inlandsinvestitionen. Dies signalisiert eine bewusste globale Strategie.
Bill Russo, Gründer und CEO des Beratungsunternehmens Automobility Limited in Shanghai, betont, dass diese Strategie darauf abzielt, die gesamte Wertschöpfungskette zu sichern. Dies reicht von Rohstoffen bis zu fertigen Fahrzeugen, insbesondere angesichts steigender geopolitischer Spannungen und Marktzugangsbarrieren.
Fakt: Zwischen 2014 und 2025 investierten chinesische Firmen 143 Milliarden US-Dollar in ausländische EV- und Batterieprojekte.
Hauptziele der Investitionen: Indonesien und Ungarn
Zwei Länder stechen als Hauptempfänger chinesischer EV-Investitionen hervor: Indonesien und Ungarn. Indonesien erhielt laut Daten von Rhodium 22 Milliarden US-Dollar, während Ungarn 18 Milliarden US-Dollar anzog.
Ungarn hat unter Premierminister Viktor Orbán seine Beziehungen zu China kontinuierlich gestärkt. Das Land bietet Steuervergünstigungen und infrastrukturelle Unterstützung an. Vier der zehn größten chinesischen Investitionen in Europa im letzten Jahr gingen nach Ungarn. Analysten gehen davon aus, dass Ungarn zum zweitgrößten Batterieproduzenten außerhalb Chinas aufsteigen wird.
„Chinas Ziel ist es, hochwertige Technologie weltweit zugänglich zu machen und so internationale Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.“ – CATL
Indonesien wurde nach dem Exportverbot für unverarbeitete Erze im Jahr 2014 attraktiv für chinesische Investitionen. Das Land ist heute der weltweit größte Nickellieferant, einem wichtigen Batteriemineral. Im Jahr 2024 lieferte Indonesien über zwei Drittel des weltweiten Nickelbedarfs. Chinesische Unternehmen kontrollieren etwa drei Viertel der Raffineriekapazitäten in Indonesien.
Asiatischer Markt im Fokus
Der asiatische Automobilmarkt wurde traditionell von japanischen Herstellern von Verbrennungsmotoren dominiert. Da Japan jedoch bei Elektrofahrzeugen im Rückstand ist, sehen chinesische Unternehmen hier eine große Chance. Nitin Pangarkar, Professor für Strategie und Politik an der National University of Singapore, hebt die geografische und kulturelle Nähe Chinas hervor, die diese Region besonders attraktiv macht.
Globale Expansion in neuen Regionen
Die geografische Verteilung der chinesischen Investitionen hat sich ebenfalls verschoben. Während Europa lange Zeit den Großteil der Investitionen in Komponenten- und Fahrzeugfertigung erhielt, verzeichnete Lateinamerika im zweiten Quartal dieses Jahres die meisten Investitionen in die Fahrzeugmontage.
Mehr als zwei Drittel der Investitionen in die Herstellung von Komponenten wie Batteriematerialien flossen im selben Zeitraum nach Asien. Erstmals gingen 75% der chinesischen Investitionen in Rohstoffe nach Afrika. Dies zeigt eine Diversifizierung über Asien und Lateinamerika hinaus.
- CATL, ein führender Batteriehersteller, hat Werke in Deutschland, Ungarn, Indonesien und Spanien gebaut.
- Das Unternehmen plant, bis zum nächsten Jahr die Massenproduktion in seinem 100-GWh-Batteriewerk in Ungarn aufzunehmen.
- CATL und Partner errichteten ein 6-Milliarden-Dollar-Batteriewerk in Indonesien, das eine vollständige Lieferkette vom Nickelabbau bis zum Batterierecycling abdeckt.
BYD, ein weiterer großer chinesischer Hersteller, baut derzeit eine Pkw-Fabrik in Ungarn. Dies ist die erste ihrer Art von einem chinesischen Automobilhersteller in Europa. In West-Java, Indonesien, entsteht eine 1-Milliarde-Dollar-Fabrik von BYD, die voraussichtlich im Januar 2026 in Betrieb gehen wird.
Herausforderungen und Zukunftsaussichten
Trotz der massiven Investitionen stehen chinesische Unternehmen im Ausland vor Herausforderungen. Nur 25% der angekündigten Projekte in anderen Ländern wurden bisher abgeschlossen, verglichen mit einer Abschlussquote von 45% im Inland. Die Abbruchquoten liegen im Ausland bei 14% gegenüber 7% bei Inlandsprojekten.
Statistik: Nur 25% der angekündigten chinesischen EV-Projekte im Ausland wurden abgeschlossen, während es im Inland 45% sind.
Diese Schwierigkeiten umfassen unterentwickelte lokale Sektoren, Talentengpässe sowie regulatorische und politische Hürden. Louis Brennan, Professor für Wirtschaft an der Trinity College Dublin, weist darauf hin, dass Genehmigungsverfahren in China einfacher sind als in vielen anderen Ländern.
Ein weiteres Problem ist die Tendenz chinesischer Unternehmen, importierte Arbeitskräfte aus China anstelle von lokalen Arbeitskräften für den Bau ihrer Anlagen einzusetzen. Dies führt zu Unmut und Widerstand vor Ort. Auch die Angst vor dem Abfluss fortschrittlicher Technologie spielt eine Rolle.
Trotz dieser Schwierigkeiten ist die Richtung klar: China gestaltet die globale EV-Lieferkette methodisch um, um seinen industriellen und geopolitischen Interessen gerecht zu werden. Auch wenn nur ein Teil der Projekte abgeschlossen wird, ist die strategische Ausrichtung unverkennbar.
Die Investitionen in den Abbau und die Raffination von Rohstoffen haben sich nach einem Höhepunkt zwischen 2021 und 2023 verlangsamt. Dies liegt an strengeren Beschränkungen für ausländisches Eigentum an kritischen Mineralien und volatilen Lithiumpreisen. Chinesische Akteure investieren dennoch weiterhin in Marokko und Nigeria für kritische Mineralien, verstärken ihren Batterievorsprung in Südostasien und errichten regionale Produktionszentren in Mexiko und Brasilien.
Die globale Präsenz chinesischer EV-Unternehmen wird sich weiter festigen, auch wenn der Weg mit Hindernissen gepflastert ist. Die langfristige Strategie, die volle Kontrolle über die Wertschöpfungskette zu erlangen, bleibt bestehen.




