Die norwegische Regierung plant eine drastische Änderung ihrer Förderpolitik für Elektroautos. Laut dem Entwurf für den Staatshaushalt 2026 soll die Mehrwertsteuerbefreiung für Elektrofahrzeuge schrittweise bis 2027 vollständig abgeschafft werden. Dieser Schritt hat scharfe Kritik von Branchenverbänden ausgelöst, die eine Rückkehr zu fossilen Antrieben befürchten.
Wichtige Punkte
- Ab 2026 soll die Freigrenze für die Mehrwertsteuer auf E-Autos von 500.000 NOK auf 300.000 NOK sinken.
- Ab 2027 ist die vollständige Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung für alle Elektroautos geplant.
- Gleichzeitig sollen die Steuern für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor erhöht werden.
- Der norwegische Elektroautoverband warnt vor negativen Folgen für die Klimaziele des Landes.
Details zum geplanten Steuerumbau
Norwegen, der weltweite Vorreiter in der Elektromobilität, steht vor einer bedeutenden Wende. Die Regierung hat vorgeschlagen, die finanzielle Förderung für den Kauf von Elektroautos deutlich zu reduzieren. Der Plan sieht eine zweistufige Anpassung der Mehrwertsteuer vor, die bisher ein zentrales Instrument zur Förderung emissionsfreier Fahrzeuge war.
Im ersten Schritt soll die Wertgrenze für die Mehrwertsteuerbefreiung ab dem kommenden Jahr von derzeit 500.000 Norwegischen Kronen (NOK), was etwa 42.500 Euro entspricht, auf 300.000 NOK (rund 25.500 Euro) gesenkt werden. Das bedeutet, dass Käufer für den Wertanteil eines E-Autos, der über dieser neuen Grenze liegt, den vollen Mehrwertsteuersatz zahlen müssten.
Der zweite und entscheidende Schritt soll dann ab dem 1. Januar 2027 folgen: Die vollständige Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung. Ab diesem Datum würden alle neu gekauften Elektroautos, unabhängig von ihrem Preis, dem regulären Mehrwertsteuersatz unterliegen.
Hintergrund der Förderung
Die Mehrwertsteuerbefreiung war eine der wichtigsten Maßnahmen, um Norwegens hohe Akzeptanz von Elektroautos zu erreichen. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass das Land heute den weltweit höchsten Anteil an E-Fahrzeugen im Straßenverkehr hat. Die Regierung schätzt die Kosten dieser Subvention auf jährlich 17,5 Milliarden NOK (ca. 1,5 Milliarden Euro).
Begründung der Regierung und Gegenmaßnahmen
Finanzminister Jens Stoltenberg begründete den Vorschlag mit dem Erfolg der bisherigen Politik. „Wir hatten das Ziel, dass bis 2025 alle neuen Personenkraftwagen elektrisch sein werden. Mit einem Elektroauto-Anteil von 95 Prozent in diesem Jahr können wir sagen, dass dieses Ziel in der Praxis erreicht ist“, erklärte er bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs.
Seiner Ansicht nach ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen, um die Vorteile schrittweise auslaufen zu lassen. Die Regierung argumentiert, dass der Markt für Elektroautos inzwischen reif genug sei und weniger staatliche Unterstützung benötige.
Höhere Steuern für Verbrenner als Ausgleich
Um zu verhindern, dass die Nachfrage nach Elektroautos einbricht, plant die Regierung gleichzeitig, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor steuerlich stärker zu belasten. Die einmalige Zulassungssteuer für Benzin- und Dieselfahrzeuge soll um 20.000 bis 30.000 NOK (etwa 1.700 bis 2.550 Euro) erhöht werden. Zusätzlich sollen auch die Kraftstoffabgaben steigen.
„Obwohl eine erhöhte Mehrwertsteuer auf emissionsfreie Autos isoliert betrachtet zu mehr fossilen Autos führen könnte, wird dies durch höhere einmalige Steuern und erhöhte Kraftstoffabgaben für fossile Fahrzeuge ausgeglichen“, fügte Stoltenberg hinzu.
Die Regierung geht davon aus, dass der Anteil von Elektroautos bei Neuzulassungen auch mit den neuen Regelungen „deutlich über 90 Prozent“ bleiben wird.
Heftige Kritik vom Elektroautoverband
Der norwegische Elektroautoverband (Norsk elbilforening) reagierte mit scharfer Kritik auf die Pläne der Regierung. Die Organisation bezeichnete den Vorschlag als Bedrohung für die bisherigen Erfolge bei der Elektrifizierung des Straßenverkehrs und als „erschreckend schlechte Klimapolitik“.
Konkrete Auswirkungen für Käufer
Nach Berechnungen des Verbands würde der neue Vorschlag für ein Elektroauto mit einem Preis über 500.000 NOK ab 2026 eine Steuererhöhung von rund 50.000 NOK (ca. 4.250 Euro) bedeuten. Besonders kritisch wird gesehen, dass die Änderung auch für Fahrzeuge gelten würde, die bereits bestellt, aber bis Ende 2025 noch nicht ausgeliefert wurden.
Generalsekretärin Christina Bu äußerte große Bedenken: „Der Automarkt reagiert extrem empfindlich auf Steueränderungen. Plötzliche und große Änderungen machen mir Sorgen, dass sich mehr Menschen wieder für Autos mit fossilen Brennstoffen entscheiden werden.“
Forderung nach einem schrittweisen Übergang
Der Verband argumentiert, dass die Abschaffung der Mehrwertsteuerbefreiung zwar langfristig notwendig sei, aber schrittweise und vorhersehbar erfolgen müsse, um das Vertrauen der Verbraucher nicht zu erschüttern.
„Wir werden natürlich irgendwann die volle Mehrwertsteuer auf Elektroautos haben, aber die Einführung sollte schrittweiser erfolgen und rechtzeitig angekündigt werden. Dies ist weder schrittweise noch wurde es früher angekündigt“, so Bu.
Als Alternative schlägt der Verband vor, die Freigrenze in kleineren Schritten von jeweils 100.000 NOK zu senken und solche Änderungen mit ausreichend Vorlauf anzukündigen. Dies würde dem Markt die nötige Stabilität geben.
Die Zukunft der Elektromobilität in Norwegen
Obwohl Norwegen bei den Neuzulassungen beeindruckende Zahlen vorweisen kann – mehr als neun von zehn neuen Autos sind batterieelektrisch – warnt der Verband davor, sich auf diesen Erfolgen auszuruhen. Ein entscheidender Punkt sei der Gesamtbestand an Fahrzeugen im Land.
Laut Christina Bu werden sieben von zehn Autos auf norwegischen Straßen immer noch mit fossilen Brennstoffen angetrieben. „Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, muss das Storting sicherstellen, dass auch diese Menschen die Möglichkeit haben, auf Elektroautos umzusteigen“, schloss sie.
Der Entwurf des Staatshaushalts für 2026 wird nun im norwegischen Parlament, dem Storting, debattiert. Änderungen am Vorschlag sind noch möglich, bevor er endgültig verabschiedet wird. Die kommenden Wochen werden zeigen, welchen Kurs das Pionierland der Elektromobilität in Zukunft einschlagen wird.




