Der Markt für gebrauchte Elektroautos in den USA erlebt eine dramatische Veränderung. Aggressive Rabatte bei Neufahrzeugen und die Skepsis der Käufer drücken die Preise so stark, dass gebrauchte E-Autos preislich fast mit vergleichbaren Benzinern gleichziehen. Diese Entwicklung macht Elektromobilität für eine breitere Käuferschicht zugänglich.
Während ein neues Elektroauto im Durchschnitt immer noch rund 9.000 US-Dollar mehr kostet als ein Verbrenner, ist dieser Unterschied auf dem Gebrauchtwagenmarkt fast verschwunden. Dort liegt der Preis für ein gebrauchtes E-Auto nur noch etwa 680 US-Dollar über dem eines Benziners.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Preise für gebrauchte Elektroautos sind stark gefallen und nähern sich denen von Gebrauchtwagen mit Verbrennungsmotor an.
- Hauptgründe sind hohe Rabatte auf neue E-Autos, technologische Fortschritte und die Sorge der Verbraucher um die Batterielebensdauer.
- Experten sehen in der Langlebigkeit moderner Batterien kein großes Problem mehr.
- Ein Zustrom von Leasing-Rückläufern könnte die Preise in den kommenden Jahren weiter unter Druck setzen.
Der Gebrauchtwagenmarkt als neuer Einstiegspunkt
Die Preisbarriere war lange Zeit eines der größten Hindernisse für die breite Akzeptanz von Elektrofahrzeugen. Analysten sehen im wachsenden und erschwinglicher werdenden Gebrauchtwagenmarkt nun einen entscheidenden Faktor, um mehr Menschen vom Umstieg zu überzeugen.
Aktuelle Zahlen verdeutlichen den Trend: Im September lag der durchschnittliche Verkaufspreis für ein neues Elektroauto bei 58.124 US-Dollar. Im Gegensatz dazu wurde ein gebrauchtes E-Auto für durchschnittlich 34.575 US-Dollar angeboten.
Ein konkretes Beispiel
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie attraktiv die Angebote sein können. Ein Käufer erwarb kürzlich einen gebrauchten Chevrolet Bolt aus dem Jahr 2020 mit 45.000 Meilen für nur 7.500 US-Dollar. Zum Vergleich: Ein gebrauchter Honda Civic oder Toyota Camry aus demselben Baujahr kostet laut Kelley Blue Book zwischen 14.000 und 15.000 US-Dollar.
Diese Preisentwicklung hat die Nachfrage angekurbelt. Die Verkäufe von gebrauchten E-Autos sind in diesem Jahr bis September um 76 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Dieser Anstieg wurde teilweise durch Käufer vorangetrieben, die noch von auslaufenden Steuergutschriften profitieren wollten.
Warum die Preise für gebrauchte E-Autos sinken
Mehrere Faktoren tragen zum Preisverfall bei. Einer der wichtigsten ist der intensive Wettbewerb auf dem Neuwagenmarkt, der die Hersteller zu Preissenkungen und hohen Leasing-Anreizen zwingt. Diese Rabatte wirken sich direkt auf den Wert von Gebrauchtfahrzeugen aus.
Die Haupttreiber des Preisverfalls:
- Rabatte bei Neufahrzeugen: „Die Automobilhersteller senken die Preise und bieten erhebliche Leasing-Anreize, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, erklärt die Cox Automotive Analystin Stephanie Valdez Streaty. Ein neues E-Auto kann nach Abzug der Rabatte manchmal günstiger sein als ein gebrauchtes, was den Wiederverkaufswert unter Druck setzt.
- Technologischer Fortschritt: Neue Modelle kommen mit verbesserter Technologie, größerer Reichweite und schnelleren Ladezeiten auf den Markt. Dies lässt ältere Modelle weniger attraktiv erscheinen und beschleunigt deren Wertverlust.
- Unsicherheit bei der Batterie: Die Sorge um die Lebensdauer und die hohen Austauschkosten der Batterie – der teuersten Komponente eines E-Autos – hält viele potenzielle Käufer zurück.
Diese Kombination aus Marktdynamik und Verbraucherwahrnehmung führt zu einer überdurchschnittlich hohen Abschreibung bei vielen Elektromodellen.
„Einige der Preise für gebrauchte E-Autos sind einfach verrückt. Es gibt da draußen einige wirklich gute Angebote, und sie könnten in den kommenden Monaten sogar noch ein wenig besser werden“, sagt Sam Abuelsamid, Vizepräsident für Marktforschung bei Telemetry.
Die Sorge um die Batterie: Mythos oder Realität?
Die Angst vor einer schnell nachlassenden Batterieleistung ist tief in den Köpfen vieler Verbraucher verankert. Diese Sorge stammt oft aus den Erfahrungen mit den ersten Generationen von Elektroautos, wie dem Nissan Leaf, dessen Batterien ohne aktive Kühlung schneller alterten.
Experten betonen jedoch, dass dies für die meisten modernen Elektrofahrzeuge kein großes Problem mehr darstellt. „Abgesehen vom ersten Leaf waren die Hersteller sehr sorgfältig mit dem Wärmemanagement der Batterie, denn was die Batterieverschlechterung meistens verursacht, ist die Überhitzung“, erklärt Abuelsamid.
Moderne Batterien sind langlebig
Die meisten heute auf dem Markt befindlichen Elektroautos verwenden fortschrittliche Batteriemanagementsysteme, um die Temperatur zu regulieren und die Lebensdauer zu maximieren. Studien und Langzeiterfahrungen zeigen, dass diese Batterien nach zehn Jahren typischerweise noch rund 90 % ihrer ursprünglichen Kapazität aufweisen. Für die meisten Fahrer ist das mehr als ausreichend.
Valdez Streaty ist zuversichtlich, dass das Vertrauen der Verbraucher mit der Zeit wachsen wird. „Wenn wir zeigen können, dass diese Batterien wirklich gut sind und lange halten werden, wird das auch bei der Wertentwicklung von E-Autos helfen“, fügt sie hinzu.
Ausblick: Wie geht es weiter mit den Preisen?
Die zukünftige Preisentwicklung auf dem Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos hängt stark von den Preisen für Neufahrzeuge ab. Sollten die Hersteller ihre aggressive Preispolitik fortsetzen, dürften die Gebrauchtwagenpreise weiter unter Druck geraten. „Wenn wir eine Reihe von Preissenkungen sehen, insbesondere bei bestehenden Modellen, wird das die Restwerte beeinträchtigen“, so Abuelsamid.
Ein weiterer Faktor, der den Markt in den kommenden Jahren prägen wird, ist eine erwartete Welle von Leasing-Rückläufern. Seit 2023 haben US-Fahrer rund 1,1 Millionen Elektroautos geleast, oft um von steuerlichen Anreizen zu profitieren.
Wenn diese Fahrzeuge in den Jahren 2027 und 2028 auf den Gebrauchtmarkt kommen, wird das Angebot erheblich steigen. „Die wirkliche Beschleunigung kommt 2027 und 2028, wenn eine große Menge geleaster E-Autos auf den Markt zurückkehrt“, sagt Mark Schirmer, Sprecher von Cox Automotive. Dieser Angebotsüberschuss könnte zu einer weiteren Preiskorrektur nach unten führen und Elektroautos noch erschwinglicher machen.




