Ein neues Gesetz in Kalifornien erlaubt den vorläufigen Verkauf von Benzin mit einem höheren Ethanolanteil. Dies soll die Kraftstoffpreise stabilisieren, die durch Raffinerie-Schließungen und Produktionsausfälle unter Druck geraten sind. Experten erwarten jedoch nur eine moderate Entlastung für Verbraucher.
Wichtige Erkenntnisse
- Kalifornien erlaubt den Verkauf von E15-Kraftstoff, um Benzinpreise zu senken.
- Raffinerie-Schließungen und ein Zwischenfall bei Chevron verringern die Produktionskapazität.
- Experten prognostizieren nur geringe Preisnachlässe, da Unternehmen die Einsparungen nicht zwingend weitergeben.
Neues Gesetz für E15-Kraftstoff
Gouverneur Gavin Newsom unterzeichnete am 2. Oktober ein Gesetz, das den Verkauf von E15-Benzin in Kalifornien erlaubt. E15 ist eine Kraftstoffmischung, die zu 15 % aus Ethanol und zu 85 % aus bleifreiem Benzin besteht. Bisher war in Kalifornien nur Benzin mit bis zu 10 % Ethanolanteil zugelassen. Das Gesetz trat sofort in Kraft, auch wenn das California Air Resources Board (CARB) noch die Auswirkungen von E15 auf die öffentliche Gesundheit und die Umwelt prüft.
Die Entscheidung erfolgte Monate vor geplanten Raffinerie-Schließungen und nur Stunden nach einer Explosion in einer Chevron-Raffinerie im Süden des Bundesstaates. Obwohl der Ölverbrauch in Kalifornien seit dem Jahr 2000 tendenziell sinkt – dank effizienterer Fahrzeuge und der Zunahme von Elektroautos – bleibt der Bundesstaat stark von fossilen Brennstoffen abhängig.
Fakten zu E15
- E15 besteht aus 15 % Ethanol und 85 % Benzin.
- Es ist für Fahrzeuge ab Modelljahr 2001 zugelassen.
- Die Umweltverträglichkeit wird noch vom California Air Resources Board geprüft.
Druck auf die Kraftstoffversorgung
Die Benzinproduktion in Kalifornien steht unter Druck. Die Phillips 66 Raffinerie in Wilmington, einem Stadtteil von Los Angeles, wird voraussichtlich im Dezember geschlossen. Eine weitere Valero-Anlage in Benicia, südöstlich von Vallejo, folgt im nächsten Jahr. Diese geplanten Schließungen reduzieren die landesweite Produktionskapazität um 18 %. Dies wird wahrscheinlich zu höheren Preisen führen.
Der unerwartete Zwischenfall in der Chevron-Raffinerie hat die Preise kurzfristig ebenfalls in die Höhe getrieben. Laut AAA lag der Durchschnittspreis für einen Gallone Normalbenzin in Kalifornien eineinhalb Wochen nach dem Brand bei fast 4,67 US-Dollar. Dies ist fast drei Cent höher als vor einem Monat und vergleichbar mit dem Wert vom 13. Oktober 2024. In Sacramento betrug der Durchschnittspreis 4,62 US-Dollar, ein Rückgang gegenüber 4,74 US-Dollar vor einem Jahr, aber deutlich unter dem Rekordhoch von 6,44 US-Dollar im Juni 2022.
„Die Hauptsache, an die man sich erinnern muss, ist, dass die Benzinpreise von den Mineralölgesellschaften festgelegt werden, um ihren Gewinn zu maximieren.“
Potenzielle Preissenkungen und Expertenmeinungen
Das Büro von Gouverneur Newsom geht davon aus, dass E15-Verkäufe die Benzinpreise um bis zu 20 Cent pro Gallone senken könnten. Colin Murphy, Co-Direktor des Energy Futures Research Program am Institute of Transportation Studies der UC Davis, hält diese Schätzung für möglicherweise übertrieben. Die Vorhersage von Benzinpreisen sei generell schwierig. Die Einführung von E15 bringe zudem Industriekosten mit sich, da Änderungen in der Lieferkette und Anpassungen an Tankstellen nötig seien.
Bulat Gafarov, Assistenzprofessor an der Abteilung für Agrar- und Ressourcenökonomie der UC Davis, weist darauf hin, dass Ethanol, das aus Mais destilliert wird, teurer ist als Rohöl. Die Kostensenkungen für die Produzenten wären indirekt. Sie kämen hauptsächlich durch niedrigere CO2-Gutschriften und eine Erhöhung der verfügbaren Benzinmenge, sobald es mit Ethanol verdünnt wird. Er schätzt, dass jeder Vorteil für die Verbraucher eher kurzfristig wäre.
Hintergrund: Kaliforniens "Energieinsel"
Da der größte Teil des Benzins und Diesels in Kalifornien direkt im Bundesstaat raffiniert wird, ist der kalifornische Markt weniger wettbewerbsfähig als in anderen Staaten. Dies trägt zu höheren Preisen bei. Seit 2015 zahlen Kalifornier eine "Mystery-Gebühr" von 20 bis 30 Cent pro Gallone, die nicht durch Umweltauflagen oder höhere Steuern erklärt werden kann.
Der "Mystery-Zuschlag" in Kalifornien
Kalifornien wird von Experten oft als "Energieinsel" bezeichnet. Der Mangel an Wettbewerb trägt zu den hohen Benzinpreisen bei. Severin Borenstein, Professor an der Haas School of Business der UC Berkeley und ehemaliger Vorsitzender des Petroleum Market Advisory Committee der California Energy Commission, identifizierte einen sogenannten "Mystery-Zuschlag". Dieser beträgt seit 2015 zwischen 20 und 30 Cent pro Gallone und scheint nicht mit Umweltauflagen oder Steuern zusammenzuhängen.
Borenstein analysierte jahrelange Preisdaten und stellte fest, dass dieser Zuschlag zwischen 2000 und 2014 durchschnittlich 2 Cent pro Gallone betrug und nie über 12 Cent stieg. Nach einer Raffinerieexplosion im Jahr 2015 schnellten die Preise in die Höhe, und der Zuschlag erreichte 48 Cent pro Gallone. Obwohl er danach wieder sank, kehrte er nie auf das Niveau vor 2015 zurück. Dies macht es schwierig zu beurteilen, wie viel der Einsparungen durch E15 tatsächlich an die Verbraucher weitergegeben werden.
- Vor 2015: Durchschnittlicher Mystery-Zuschlag 2 Cent/Gallone.
- Nach Raffinerieexplosion 2015: Zuschlag stieg auf 48 Cent/Gallone, stabilisierte sich aber nicht auf Vorkrisenniveau.
Auswirkungen auf die Verbraucher
Die Frage, ob Mineralölgesellschaften die Kosteneinsparungen durch E15 an die Verbraucher weitergeben, bleibt offen. Gafarov betont, dass dies eine "große Wenn-Frage" sei, da die Unternehmen nicht dazu verpflichtet sind. Die mangelnde Preistransparenz in Kalifornien erschwert die Einschätzung.
Ein weiterer Faktor sind die Fahrzeuggrößen. In der Vergangenheit wechselten US-Amerikaner bei steigenden Benzinpreisen oft zu kleineren Fahrzeugen, die weniger Kraftstoff verbrauchen. Im Jahr 2024 stieg der Verkauf kleinerer Autos schneller als der von größeren SUVs und Lastwagen. Automobilhersteller bevorzugen jedoch größere Fahrzeuge, da diese profitabler sind. Dies führt zu einem Rückgang kompakter Optionen auf dem US-Markt.
Fahrzeuggrößen und Effizienz
Seit den frühen 1990er Jahren sind durchschnittliche US-Personenkraftwagen etwa 10 cm breiter, 25 cm länger, 20 cm höher und 450 kg schwerer geworden. Obwohl die Fahrzeuge in den letzten 15 Jahren effizienter wurden, untergräbt die größere Bauweise diese Effizienz. Eine Studie der UC Davis aus dem Jahr 2023 zeigte, dass der Energiebedarf und die CO2-Emissionen zwischen 2010 und 2022 um 30 % stärker hätten sinken können, wenn die Fahrzeuge ihre Größe beibehalten hätten. Dies belastet sowohl die Umwelt als auch die Geldbörsen der Verbraucher.




