Eine neue Studie der Stanford University stellt eine weit verbreitete Annahme über Elektroauto-Batterien auf den Kopf. Entgegen der bisherigen Meinung, dass sanftes Fahren die Lebensdauer der Batterie schont, zeigt die Forschung: Ein dynamischer Fahrstil, der dem realen Straßenverkehr entspricht, kann die Batterielebensdauer sogar deutlich verlängern.
Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Nature Energy, deuten darauf hin, dass das alltägliche Beschleunigen, Bremsen und Rollen für Lithium-Ionen-Batterien von Vorteil ist. Dies könnte die Perspektive auf den Besitz und die Wartung von Elektrofahrzeugen grundlegend verändern.
Wichtige Erkenntnisse
- Dynamisches Fahren verlängert die Batterielebensdauer um bis zu 38 Prozent.
- Die Studie widerlegt die Annahme, dass Batterien durch sanftes Fahren geschont werden müssen.
- Reale Fahrbedingungen simulieren die Batterienutzung besser als Laborprüfungen.
- Extreme Hitze und extreme Ladezustände bleiben die Hauptfeinde der Batterie.
Reales Fahrverhalten schlägt Laborbedingungen
Bisherige Prognosen zur Batterielebensdauer basierten oft auf konstanten Lade- und Entladezyklen in Laboren. Diese Tests spiegeln jedoch nicht wider, wie Menschen im Alltag fahren. Im Straßenverkehr gibt es ständiges Beschleunigen, Abbremsen, Rollen und kurze Stopps an Ampeln.
Das Team der Stanford University hat herausgefunden, dass genau diese dynamischen „Leistungsimpulse“ und häufigen kurzen Ruhephasen überraschend gut für Lithium-Ionen-Batterien sind. Im Vergleich zu den gleichmäßigen Labortests verlängerte diese reale Fahrweise die Nutzungsdauer der Batteriezellen um bis zu 38 Prozent.
Faktencheck Batterie
- 38 Prozent: So viel länger könnte die Batterielebensdauer durch dynamisches Fahren sein.
- 195.000 Meilen: Die zusätzliche Reichweite, bevor die Batterie ihre Lebensdauergrenze erreicht.
- 70-80 Prozent: Der Schwellenwert der ursprünglichen Kapazität, der oft das Ende der Batterielebensdauer markiert.
Deutliche Verlängerung der Reichweite
Eine Verlängerung der Lebensdauer um 38 Prozent ist keine Kleinigkeit. Die Forscher schätzen, dass dies die Fahrleistung um etwa 195.000 Meilen (rund 314.000 Kilometer) erhöhen könnte, bevor der Batteriepack den „End-of-Life“-Schwellenwert erreicht. Dieser wird typischerweise bei 70 oder 80 Prozent der ursprünglichen Ladekapazität angesetzt.
Diese Erkenntnis könnte die Kalkulationen für den Kauf und Besitz von Elektroautos grundlegend verändern. Die Angst vor einem teuren Batteriewechsel nach neun Jahren Besitz könnte damit deutlich reduziert werden. Für den durchschnittlichen Fahrer bedeutet dies, dass der Batteriepack das Fahrzeugchassis problemlos überdauern könnte.
„Die dynamische Natur des realen Fahrens ist nicht nur unbedenklich für EV-Batterien – sie ist sogar besser für sie und kann ihre Lebensdauer weit über das bisher Erwartete hinaus verlängern.“
Warum dynamisches Fahren der Batterie hilft
Die Studie erklärt, dass die alten, konstanten Belastungstests im Labor eine Art stiller Killer waren. Sie übten besondere Belastungen auf die Batterie aus, die das Wachstum von „Lithium-Plating“ und die Wärmeentwicklung förderten. Beides sind Hauptursachen für die Batteriedegradation.
Das reale Fahren mit seinen endlosen „Mikrozyklen“ aus Beschleunigen und Bremsen, gepaart mit kurzen Ruhephasen, wirkt diesen Stressfaktoren aktiv entgegen. Diese kurzen Momente des Rollens oder Wartens an einer roten Ampel geben der Batteriechemie Zeit, sich zu beruhigen. Dies reduziert den Verschleiß weitaus effektiver als eine konstante, gleichmäßige Entladung.
Hintergrund zur Batteriedegradation
Lithium-Ionen-Batterien altern mit der Zeit und verlieren an Kapazität. Hauptursachen sind chemische Veränderungen im Inneren, die durch hohe Temperaturen, hohe oder niedrige Ladezustände und bestimmte Lademuster beschleunigt werden können. Die Bildung von Lithium-Plating auf den Anoden ist ein entscheidender Faktor, der die Leistungsfähigkeit mindert und das Risiko von Kurzschlüssen erhöht.
Was dies für Elektroauto-Besitzer bedeutet
Diese Nachricht ist kein Freifahrtschein, das Elektroauto schlecht zu behandeln. Die Studie widerlegt lediglich den Mythos, dass man wie eine Schnecke fahren muss, um die Batterie zu schonen. Die wahren Feinde einer EV-Batterie bleiben, was sie immer waren: extreme Hitze und extreme Ladezustände.
Das Auto nach einer schnellen Gleichstromladung in der Wüste stehen zu lassen, ist weiterhin eine schlechte Idee. Ebenso schädlich ist es, die Batterie tagelang zu 100 Prozent geladen oder fast leer bei null Prozent stehen zu lassen. Diese Faktoren sind weitaus zerstörerischer, als die sofortige Drehmomentleistung des Autos zu genießen, für die es gebaut wurde.
Einfache Empfehlungen für den Alltag
Die praktische Schlussfolgerung für Elektroauto-Besitzer ist erfrischend einfach: Fahren Sie einfach. Stop-and-Go-Verkehr ist in Ordnung. Das zügige Auffahren auf die Autobahn ist in Ordnung. Statt sich Gedanken über die Beschleunigung zu machen, sollten Sie sich auf die einfachen Gewinne konzentrieren.
- Stellen Sie für das tägliche Fahren die Ladebegrenzung auf 80 oder 90 Prozent ein und laden Sie das Auto über Nacht.
- Vermeiden Sie es, das Auto längere Zeit bei 100 Prozent oder fast leer stehen zu lassen.
- Lassen Sie bei längeren Fahrten das thermische Managementsystem des Autos den Pack vor einer DC-Schnellladung vorkonditionieren.
- Versuchen Sie, bald nach Erreichen des gewünschten Ladezustands wieder loszufahren.
Die Batterie Ihres Autos ist kein zerbrechliches Ei, sondern ein robustes Stück Ingenieurskunst, das, wie sich herausstellt, gerne benutzt wird.




