Eine aktuelle Studie des North American Council for Freight Efficiency (NACFE) widerlegt die Annahme, dass batterieelektrische Sattelschlepper nicht für Langstreckentransporte geeignet sind. Die Untersuchung basiert auf praktischen Tests, bei denen Elektro-Lkw täglich Hunderte von Kilometern zurücklegten. Dies zeigt, dass Elektrofahrzeuge bereits heute eine wichtige Rolle in der Logistik spielen können.
Wichtige Erkenntnisse
- Elektro-Lkw sind bereit für Langstreckenrouten im realen Betrieb.
- Die meisten Lkw fahren täglich weniger als 500 Meilen.
- Telematikdaten widerlegen gängige Missverständnisse über Lkw-Einsätze.
- Ladeinfrastruktur und Routenplanung sind entscheidend für den Erfolg.
- Ein Großteil der mittelschweren und schweren Lkw ist für die Elektrifizierung geeignet.
Praxistests widerlegen Vorurteile
NACFE hat kürzlich die Technologie-Demonstration „Run On Less – Messy Middle“ abgeschlossen. Diese zeigte eine Vielfalt an „sauberen“ Lkw-Technologien. Dazu gehörten Diesel-, Bio-Diesel-, Erdgas-, Wasserstoff- und batterieelektrische Fahrzeuge (BEV). Dreizehn Flotten in den USA und Kanada nahmen an der Studie teil. Sie deckten dabei verschiedene Einsatzzyklen ab.
Obwohl NACFE in der Vergangenheit für die Finanzierung durch Shell und die Förderung einer „Messy Middle“-Botschaft kritisiert wurde, liefert die Organisation hier wichtige Beweise. Die Ergebnisse legen nahe, dass batterieelektrische Sattelschlepper reifer für den Praxiseinsatz sind, als viele Flottenmanager glauben mögen.
„Nehmen Sie sich einen Moment Zeit und planen Sie Ihre Route von Seattle, Washington, nach Bozeman, Montana, auf der I-90. Ihr Kartenprogramm wird Ihnen sagen, dass es 677 Meilen sind und schätzungsweise 10 Stunden und 2 Minuten dauert. Dann am zweiten Tag Ihrer Fahrt von Bozeman nach Fargo, North Dakota, auf der I-94 kommen weitere 750 Meilen hinzu, die schätzungsweise 10 Stunden und 29 Minuten dauern [und so weiter]“, schreibt Rick Mihelic, Director of Emerging Technologies bei NACFE, im Commercial Carrier Journal.
Mihelic fährt fort: „Am fünften Tag fahren Sie weiter nach New York City und legen weitere 614 Meilen zurück. In fünf Tagen haben Sie Ihren Lkw quer durch das Land gefahren und 2.967 legale Betriebsstunden gesammelt.“ Er fügt sarkastisch hinzu: „Herzlichen Glückwunsch. Sie haben gerade bewiesen, dass ein batterieelektrischer Lkw nicht das kann, was ein Diesel-Lkw kann.“
Faktencheck: Langstrecken-Mythen
- Viele glauben, alle Sattelschlepper fahren täglich über 600 Meilen.
- Die Realität: Die meisten Lkw legen weniger als 500 Meilen pro Tag zurück.
- Durchschnittliche Ladungen sind oft unter 70.000 lbs (ca. 31.750 kg).
- Ein Zehntel bis die Hälfte der Rückfahrten erfolgt leer.
Alternative Routen und reale Einsatzszenarien
Anstatt hypothetische Szenarien zu präsentieren, die die Stärken der bestehenden Dieselinfrastruktur hervorheben, schlägt Mihelic eine alternative Perspektive vor. Er nutzt ein reales Beispiel einer echten Flotte. „Starten Sie in Midland, Texas, und fahren Sie südlich nach Laredo, um einen 470-Meilen-Tag zu absolvieren“, erklärt er.
Am zweiten Tag fährt der Lkw in Laredo herum, nimmt Ladungen auf und fährt dann nördlich nach Junction, Texas, um einen 301-Meilen-Tag zu beenden. Am dritten Tag geht es nach Santa Teresa, New Mexico, für 447 Meilen. Am vierten Tag fährt der Lkw nach Phoenix, weitere 473 Meilen. Am fünften Tag geht es weiter nach San Bernardino, Kalifornien, mit 293 zusätzlichen Meilen.
„Fünf Tage im Lkw, insgesamt 1.984 Meilen“, fasst Mihelic zusammen. Diese Route wurde vollständig elektrisch gefahren. Und es ist nicht die einzige. Dieses Beispiel zeigt, dass Elektro-Lkw bereits heute in der Lage sind, anspruchsvolle Routen zu bewältigen.
Die Realität auf der Straße
Zugegeben, 1.984 Meilen sind deutlich weniger als 2.967 Meilen. Doch darauf kommt es nicht an. Das NACFE-Team testete im Rahmen seiner telematikgesteuerten Forschung drei BEV-Sattelschlepper: einen Volvo VNR Electric, einen Freightliner eCascadia und einen Windrose R700. Alle Fahrzeuge erfüllten ihre Aufgaben erfolgreich. Sie legten täglich Hunderte von Meilen zurück und transportierten Lasten von bis zu 55.000 lbs (ca. 25.000 kg).
Und sie taten dies im realen Betrieb, ohne einen Tropfen Diesel zu verbrauchen. Dies beweist die Leistungsfähigkeit moderner Elektro-Lkw. Die Ergebnisse stellen gängige Vorurteile in Frage und zeigen das Potenzial für eine breitere Akzeptanz von E-Lkw.
„Manche Diesel-Befürworter überbetonen oft die Erzählung über den Fernverkehr und erwecken den Eindruck, dass alle Class-8-Lkw mehr als 600 Meilen pro Tag fahren und alle mit maximalen Gewichten von 80.000 lbs beladen sind. Fakten scheinen diese Leute nicht zu stören. Die Realität ist, dass die durchschnittliche Lkw-Ladung oft weniger als 70.000 lbs beträgt und dass die Lkw ein Zehntel bis die Hälfte der Zeit leer zurückfahren. Und vor allem ignorieren sie alle Telematikdaten aus mehreren glaubwürdigen Quellen, die zeigen, dass die meisten Lkw weniger als 500 Meilen pro Tag betreiben. Das nennt man Fehlinformation, und sie hat bestimmten Interessengruppen sehr gut gedient. Aber Fakten sind Fakten. Batterieelektrische Lkw können die Strecke zurücklegen.“ – Rick Mihelic, NACFE
Daten belegen Eignung für Elektrifizierung
Die NACFE-Studie reiht sich ein in eine Reihe von faktenbasierten Berichten, die den realen Flottenbetrieb und Telematikdaten analysieren. Diese Studien kommen zu dem Schluss, dass BEVs zwar nicht alle Diesel-Lkw sofort ersetzen können, aber sicherlich einen großen Teil davon. Im Juni berichteten wir über eine Studie von Altitude by Geotab.
Diese Studie analysierte aggregierte Daten von Geotab-verbundenen Nutzfahrzeugen aus dem Jahr 2024. Sie ergab, dass 58 % der mittelschweren Lkw und 41 % der schweren Lkw weniger als 250 Meilen zwischen den Depots fahren. Die Untersuchung konzentrierte sich auf Daten von mittelschweren (Klassen 3-6) und schweren (Klassen 7-8) Lkw. Sie sammelte Informationen über Fahrmuster, Routen und Stopps auf realen Straßen. Ziel war es, die Machbarkeit der Einführung von Elektro- und Alternativkraftstoff-Lkw zu bestimmen und strategische Standorte für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zu identifizieren.
Hintergrund: Telematik in der Logistik
Telematiksysteme erfassen und übertragen Daten von Fahrzeugen in Echtzeit. Dazu gehören Standort, Geschwindigkeit, Kraftstoffverbrauch und Motorleistung. Diese Daten helfen Flottenmanagern, Routen zu optimieren, die Effizienz zu steigern und Wartungsbedarf zu erkennen. Für Elektrofahrzeuge sind sie entscheidend, um Ladezyklen und Reichweiten optimal zu planen.
„Die Lkw-Branche durchläuft einen bedeutenden Wandel, angetrieben durch den Bedarf an Effizienz, Nachhaltigkeit und wirtschaftlichen Vorteilen“, erklärt Nate Veeh, AVP of Market Development bei Altitude by Geotab. „Unsere Analyse zeigt, dass ein erheblicher Teil der mittelschweren und schweren Lkw tägliche Fahrmuster aufweist, die sich gut für die Elektrifizierung eignen… Durch die Nutzung von Datenerkenntnissen können Versorgungsunternehmen und andere wichtige Akteure erkennen, wo sich Lkw-Konzentrationen befinden und deren aggregiertes Fahrverhalten verstehen, um fundierte Entscheidungen hinsichtlich der Lkw-Elektrifizierung und der daraus resultierenden Anforderungen an Energienetze und den Standort von EV-Ladenetzen zu treffen.“
Vorteile der Telematik für E-Flotten
Telematik-Integrationen können auch dabei helfen, die Ladepläne einer Flotte zu optimieren. Dies geschieht, indem das Laden von Elektrofahrzeugen für günstigere Nebenzeiten geplant wird. Zudem werden die zuverlässigsten Hochgeschwindigkeitsladestationen entlang regulärer Routen identifiziert. Dies minimiert Ausfallzeiten für Fahrzeuge und Fahrer.
Schließlich bieten diese datengesteuerten Plattformen Flottenmanagern Werkzeuge zur Verfolgung und Berichterstattung über CO2-Emissionen und den Gesamtenergieverbrauch. Dies kann die ESG-Berichtsprozesse (Environmental, Social, Governance) rationalisieren. Es erleichtert es den Mitarbeitern, Regulierungsbehörden, Administratoren und Managern die Art von Diagrammen, Tabellen und Grafiken zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen.
Die Integration von Telematiksystemen ist somit ein entscheidender Faktor für den erfolgreichen Übergang zu einer elektrifizierten Logistik. Sie ermöglicht nicht nur eine effizientere Betriebsführung, sondern auch eine transparente Dokumentation der Nachhaltigkeitsbemühungen. Dies ist besonders wichtig in Zeiten steigender Umweltauflagen und des wachsenden Bewusstseins für Klimaschutz.




