Eine ausgedehnte Fahrt mit Elektrofahrzeugen quer durch Europa, von Rumänien bis in die Schweiz, hat gezeigt, dass die sogenannte Reichweitenangst bei Elektroautos der Vergangenheit angehört. Die Fahrt, die über Alpenpässe und einige der besten Straßen Europas führte, belegte die Zuverlässigkeit der Ladeinfrastruktur. Wer in Europa lebt und überlegt, ein Elektroauto zu kaufen, muss sich keine Sorgen mehr um Lademöglichkeiten machen, insbesondere in der Nähe größerer Städte.
Wichtige Erkenntnisse
- Die europäische Ladeinfrastruktur ist für Langstreckenfahrten gut genug.
- Reichweitenangst ist bei Elektroautos in Europa weitgehend unbegründet.
- Moderne Navigationssysteme erleichtern die Routenplanung inklusive Ladestopps.
- Auch Fahrzeuge mit kleineren Batterien bewältigen lange Distanzen problemlos.
- Schnellladestationen ermöglichen zügiges Weiterfahren nach kurzen Pausen.
Erfolgreiche Langstreckenfahrt durch Europa
Die Reise, Teil der "Eurocharge by Schaeffler"-Tour, startete in Bukarest, Rumänien. Trotz einer weniger entwickelten Ladeinfrastruktur im Startland gab es auf der gesamten Strecke keine Probleme beim Laden. Das Team konnte sogar geplante Ladestopps überspringen, da die Batterien der Fahrzeuge, darunter ein Volkswagen ID.4, ausreichend Kapazität besaßen. Dies verdeutlicht die Fortschritte im Bereich der Elektromobilität und der Ladeinfrastruktur.
Für die Tour wurden hauptsächlich OMV eMotion-Stationen genutzt, dem offiziellen Ladepartner. Es gibt jedoch zahlreiche weitere Netzwerke wie Ionity, die eine flächendeckende Versorgung sicherstellen. Eine kurze Planung der Route vor Fahrtantritt ist weiterhin ratsam, aber die Systeme der Elektrofahrzeuge übernehmen dies zunehmend automatisch.
Fakten zur Ladeinfrastruktur
- OMV eMotion: Offizieller Ladepartner der Tour in den verfügbaren Ländern.
- Ionity: Eines der größten und besten Ladenetzwerke in Europa.
- Schnellladestationen: Viele Stationen bieten über 300 kW Ladeleistung, was schnelle Ladevorgänge ermöglicht.
Effiziente Routenplanung und Fahrzeugleistung
Moderne Elektroauto-Navigationssysteme sind in der Lage, die gesamte Route zu planen und alle notwendigen Ladestopps automatisch vorzuschlagen. Sie zeigen sogar den voraussichtlichen Ladezustand bei Ankunft an, bieten Alternativen bei Offline-Stationen und informieren über die Verfügbarkeit von Ladeplätzen. Dies nimmt dem Fahrer die Unsicherheit bei Langstreckenfahrten.
Auf den ersten beiden Tagen wurden hauptsächlich Autobahnfahrten mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h absolviert. Dies führte zwar zu einem höheren Verbrauch als die nach WLTP-Norm angegebenen Reichweiten, stellte aber kein Problem dar. In Rumänien, Ungarn und Österreich gab es genügend Schnellladestationen. Selbst der Hyundai Inster, das Fahrzeug mit der kleinsten Batterie und der geringsten Reichweite auf der Tour, konnte problemlos Hunderte von Kilometern pro Tag zurücklegen.
"Es war wirklich einfach, auch wenn wir nur Ladestopps an OMV eMotion-Stationen geplant hatten. Aber es gibt mehrere andere gute Netzwerke, die man nutzen kann – das größte und beste ist Ionity – und alles, was eine Elektroauto-Roadtrip jetzt braucht, ist, dass Sie sich ein paar Minuten Zeit nehmen, um Ihre Reise zu planen."
Alpenpässe und Fahrverhalten von Elektroautos
Am zweiten Tag erreichte die Gruppe die österreichischen Alpen. Von Saalbach aus wurden berühmte Pässe wie der Großglockner erkundet. Dieser Pass bot nicht nur spektakuläre Landschaften, sondern auch anspruchsvolle Kurven, die das Fahrverhalten der Fahrzeuge auf die Probe stellten.
Audi A6 E-Tron Quattro im Gebirge
Der Audi A6 E-Tron Quattro, das erste Nicht-Crossover-Fahrzeug auf der 800-Volt-PPE-Plattform des VW-Konzerns, bewies sich als hervorragender Begleiter. Er beeindruckte mit reichlich Leistung, präzisem Handling und einer adaptiven Luftfederung, die die Karosserieneigung in Kurven minimierte. Seine Fähigkeiten entsprachen den Erwartungen an ein Premium-Elektrofahrzeug.
Überraschung: Hyundai Inster
Eine positive Überraschung war der Hyundai Inster. Obwohl er optisch ungewöhnlich wirkt, zeigte er sich auf dem Großglockner erstaunlich stabil. Die Lenkung war präzise, und das Fahrzeug hatte genug Leistung, um aus Kurven heraus sogar leichten Radschlupf zu erzeugen. Die hohe Windschutzscheibe bot eine ausgezeichnete Sicht auf die schneebedeckten Gipfel und Gletscher. Das Fahrerlebnis im Inster auf dieser Strecke war unerwartet angenehm.
Hintergrund: Die PPE-Plattform
Die Premium Platform Electric (PPE) ist eine gemeinsam von Audi und Porsche entwickelte Architektur für zukünftige Elektrofahrzeuge des Volkswagen Konzerns. Sie zeichnet sich durch eine 800-Volt-Architektur aus, die extrem schnelle Ladevorgänge ermöglicht und eine hohe Leistungsdichte bietet. Fahrzeuge wie der Audi Q6 E-Tron und der elektrische Porsche Macan nutzen ebenfalls diese Plattform.
Mazda 6e und die Schweizer Alpen
Ein weiteres getestetes Fahrzeug war der Mazda 6e, eine heckangetriebene Elektro-Limousine, die eng mit dem Changan Deepal 07 verwandt ist. Das Testmodell verfügte über eine kleinere 66-kWh-Batterie und einen 254 PS starken Motor. Mit einem Gewicht von 1.952 kg war er für seine Größe relativ leicht und zeigte ein ausgezeichnetes Fahrverhalten, typisch für Mazda.
Auf der Fahrt über die Furka- und Grimselpässe in den Schweizer Alpen zeigte der Mazda 6e einen durchschnittlichen Verbrauch von 17,8 kWh/100 km, trotz dynamischer Fahrweise. Die beeindruckende 20 km lange Serpentinenstraße hinauf nach Arosa war ein weiteres Highlight. Einziger Kritikpunkt war die Sitzposition, die etwas tiefer sein und mehr Verstellmöglichkeiten für das Lenkrad bieten könnte. Das Fahrzeug zog viele Blicke auf sich und sorgte für Gespräche mit Passanten an den Pässen.
Technische Daten Mazda 6e (Testmodell)
- Batteriekapazität: 66 kWh
- Motorleistung: 254 PS (Heckantrieb)
- Gewicht: 1.952 kg
- Durchschnittsverbrauch (Alpenfahrt): 17,8 kWh/100 km
Keine Reichweitenangst trotz anspruchsvoller Bedingungen
Während der gesamten sechstägigen Reise war das Laden nie ein Problem. Selbst bei zügiger Fahrt auf Bergstraßen, die tendenziell mehr Energie verbraucht, gab es keine Anzeichen von Reichweitenangst. Obwohl die Fahrzeuge bergauf mehr Strom benötigten, wurde ein erheblicher Teil der Reichweite beim Bergabfahren durch Rekuperation zurückgewonnen. Das Aufladen an den zahlreichen 300+ kW-Stationen entlang der Hauptstraßen auf 80 % war schnell und effizient.
Ein Ladevorgang dauerte selten länger als 15 bis 20 Minuten, was ausreichend Zeit für eine kurze Pause und einen Snack bot. Die Temperaturen während der Reise lagen zwischen 10°C und 25°C, was dem idealen Betriebsbereich für Elektrofahrzeuge entspricht. Extreme Temperaturen im Sommer oder Winter können die Reichweite um über 30 % reduzieren, erfordern dann aber lediglich eine angepasste Planung.
Fazit: Die Zukunft ist elektrisch
Die Erfahrungen dieser Reise belegen, dass Langstreckenfahrten mit Elektrofahrzeugen in Europa problemlos möglich sind. Die Notwendigkeit, Ladestationen im Voraus zu suchen, bleibt bestehen, aber die modernen Systeme machen dies zu einem geringen Aufwand. Die Freude am Fahren wird durch die Ladeplanung nicht beeinträchtigt.
Wer sein aktuelles Verbrennerfahrzeug ersetzen möchte, findet in Elektroautos eine praktikable und vorteilhafte Alternative. Die Kompromisse sind geringer als oft angenommen. Ein Beispiel für die Kosteneffizienz: Eine Tagesetappe von 493 km mit dem Mazda 6e kostete je nach Stromtarif zwischen 40 und 79 Euro. Ein einziger Ladestopp von 17 Minuten an einer 300 kW Ionity-Station reichte aus, um den Akku auf 81 % zu laden und die Fahrt fortzusetzen.
Die Reise durch die Alpen war ein klarer Beweis dafür, dass die Elektromobilität in Europa angekommen ist und die "Reichweitenangst" keine gültige Ausrede mehr ist. Es bleibt abzuwarten, wann der Rest der Welt aufschließt.