Trotz eines starken dritten Quartals kämpft Tesla mit weltweit sinkenden Verkaufszahlen. Die kürzlich vorgestellten Standard-Modelle des Model 3 und Model Y sollten die Nachfrage ankurbeln und eine breitere Käuferschicht ansprechen. Doch die Reaktionen von Marktbeobachtern und Investoren fallen verhalten aus. Es scheint, als ob die neuen Varianten die Erwartungen an wirklich erschwingliche Elektrofahrzeuge nicht erfüllen.
Wichtige Erkenntnisse
- Teslas neue Standard-Modelle von Model 3 und Model Y erzeugen wenig Begeisterung.
- Der Aktienkurs reagierte kaum auf die Ankündigung, schloss sogar mit einem Rückgang.
- Analysten sehen die Modelle als nicht ausreichend günstig an, um den Absatz signifikant zu steigern.
- In Europa konkurriert Tesla zunehmend mit preiswerteren chinesischen und europäischen Marken.
- Die Ausstattung der Standard-Modelle wird als "Shrinkflation" kritisiert.
Verhaltene Reaktion auf Teslas neue Standard-Modelle
Tesla hat kürzlich die Einführung günstigerer Varianten des Model Y und Model 3 bekannt gegeben. Diese Modelle sollten als Antwort auf die seit Monaten anhaltenden Versprechen "erschwinglicherer" Elektrofahrzeuge dienen. Ziel war es, die Verkaufsherausforderungen zu lösen und die Marke neu zu beleben. Doch die Realität sind bestehende Fahrzeuge mit einigen fehlenden Funktionen aus der ohnehin schon reduzierten Ausstattungsliste.
Die Reaktionen auf diese neuen Modelle sind weitgehend negativ. Weder Tesla-Fans, noch Medienvertreter oder große Investoren zeigen sich beeindruckt. Die Markteinführung dieser sogenannten preiswerten Einstiegs-Elektroautos hat eine breite Diskussion ausgelöst.
Faktencheck: Aktienkurs Reaktion
Nach der Ankündigung der neuen Modelle schloss die Tesla-Aktie am ersten Tag um etwa 4 % niedriger. Am darauffolgenden Morgen stieg der Kurs nur leicht an. Dies deutet darauf hin, dass die Ankündigung den Aktienkurs kaum positiv beeinflussen konnte.
Aktienkurs bleibt unbeeindruckt
Lange Zeit schien der Aktienkurs von Tesla unaufhaltsam zu sein. Trotz Herausforderungen, wie den Verkaufszahlen des Cybertrucks oder Elon Musks Versuchen, seinen Titel als reichster Mann der Welt zurückzugewinnen, blieb der Wert von $TSLA stabil. Doch Tesla sieht sich einem echten Verkaufsrückgang gegenüber, besonders in Europa.
Hier haben chinesische Elektrofahrzeughersteller wie BYD signifikante Marktanteile gewonnen und Kunden vom Model 3 abgeworben. Eine Ankündigung von Tesla wurde oft als Katalysator für einen schnellen Kursanstieg erwartet. Diesmal war es anders.
"Die mit Spannung erwarteten kostengünstigeren Modelle, deren Produktion in Nordamerika im Juni 2025 begann, werden voraussichtlich im vierten Quartal 2025 auf den Markt kommen. Der Fokus liegt auf der Reduzierung von Komplexitäten in der Fertigungslieferkette vor dem Start, um einen reibungslosen Rollout zu gewährleisten, auch wenn dieser langsamer als ursprünglich erwartet ist. Doch dieser Preispunkt ist im Vergleich zu anderen Fahrzeugen auf dem Markt immer noch relativ hoch."
Dan Ives, Wedbush
Laut Barron's und dem bekannten Tesla-Bullen Dan Ives von Wedbush gehen das Model Y und Model 3 einfach nicht weit genug. Ives betont, dass der Preispunkt der neuen Modelle im Vergleich zu anderen Fahrzeugen auf dem Markt immer noch zu hoch ist.
Hintergrund: Wettbewerbslandschaft
Einst waren das Model 3 und Model Y aufgrund ihrer Reichweite und Ladefähigkeiten zu einem bestimmten Preis nahezu unschlagbar. Sie dominierten den EV-Markt. Heute gibt es jedoch zahlreiche Elektrofahrzeuge mit einer Reichweite von über 480 Kilometern (300 Meilen), die den Spezifikationen des Model Y oder Model 3 entsprechen oder diese sogar übertreffen – oft zu einem günstigeren Preis. Beispiele sind der Chevrolet Equinox EV und der Hyundai Ioniq 5.
Für Teslas Aktienkurs ist entscheidend, ob Investoren davon überzeugt sind, dass die "billigen" Model Y und Model 3 günstig genug sind, um signifikant mehr Kunden anzuziehen. Verbraucher stehen unter finanziellem Druck und suchen nach wirklich preiswerten Autos. Die Streichung des geplanten 25.000-Dollar-Einstiegsmodells wird Tesla laut Ives nicht dabei helfen, das Ziel von 500.000 Einheiten pro Quartal zu erreichen.
Es ist unwahrscheinlich, dass die Standard-Varianten von Model 3 und Model Y keine neuen Kunden anziehen werden. Jedoch deutet die Reaktion darauf hin, dass Teslas Aktienkurs möglicherweise nicht mehr primär auf der Fahrzeugpalette basiert. Es bleibt abzuwarten, ob Tesla ohne die Einführung völlig neuer Modelle wieder zu alter Stärke zurückfinden kann.
"Shrinkflation" im Automobilsektor?
Der Begriff "Shrinkflation" beschreibt, wie Marken Produkte neu verpacken, deren Größe oder Inhalt reduzieren, um die Herstellungskosten zu senken, ohne den Verkaufspreis entsprechend anzupassen. Das Ergebnis ist ein Produkt, das zum gleichen oder höheren Preis angeboten wird, aber von geringerer Qualität oder Quantität ist.
Das Model Y Standard scheint ein Beispiel für dieses Phänomen zu sein. Es bietet eine leicht abgespeckte Version eines bekannten Produkts.
Kritikpunkte am Model Y Standard
- Fehlender FM-Tuner
- Eingeschränkte Funktionalität des Glasdachs (oft als "verglastes Fenster" beschrieben)
- Manuell verstellbare Lenksäule
- Stoffsitze anstelle von Kunstleder
- Kein Bildschirm für die Rücksitze
Yahoo Finance äußert Bedenken hinsichtlich des Model Y, insbesondere im Hinblick auf Teslas angeblichen Plan, eine Flotte von selbstfahrenden Autos einzuführen und sich voll auf KI zu konzentrieren. Die Einführung eines weniger Premium-Fahrzeugs zum gleichen Preis, besonders nach dem Wegfall der 7.500-Dollar-EV-Subvention, wird als "Auto-Preis-Shrinkflation" bezeichnet.
Die Anpassung von Produkten und Technologien, die bald als veraltet gelten könnten, während gleichzeitig "weltverändernde Ereignisse" angekündigt werden, wirkt befremdlich. Einige Kommentatoren vergleichen dies mit einem großen Technologieunternehmen, das einen Videorekorder auf den Markt bringt, während alle anderen Streaming-Dienste entwickeln.
Die Einführung der neuen Tesla-Modelle, die als wenig aufregend und etwas zynisch wahrgenommen werden, verstärkt die Annahme, dass Tesla sich selbst nicht mehr primär als Automobilhersteller sieht. Die langsame und unorganisierte Einführung dieser nicht-so-billigen Modelle lässt Zweifel aufkommen, ob Tesla und Elon Musk ihre ambitionierten KI-Ziele tatsächlich erreichen können. Es wäre nicht das erste Mal, dass Versprechen nicht eingehalten werden.
Unzureichend für den europäischen Markt
Der US-amerikanische EV-Markt konzentrierte sich seit seiner Gründung stark auf Erschwinglichkeit. Ladeinfrastruktur und Produktbedenken spielen zwar eine Rolle, sind aber oft zweitrangig, wenn es um den Kaufpreis geht. Die Preise für Elektrofahrzeuge sind in den USA über die Zeit gesunken.
In Europa gibt es jedoch bereits eine viel größere Auswahl an erschwinglichen Elektrofahrzeugen. Dies liegt an der Offenheit des Marktes für Autos aus China, den Bemühungen europäischer Unternehmen wie Renault und Volkswagen, wettbewerbsfähig zu bleiben, und einer allgemeinen Präferenz für kleinere und günstigere Modelle.
Während das Model 3 und Model Y in den USA noch auffallen könnten, ist dies in Europa unwahrscheinlich. Tesla versucht, einen Trend sinkender Verkaufszahlen umzukehren. Reuters weist darauf hin, dass die neuen Standard-Modelle 3 und Y kaum eine Wende herbeiführen werden.
"Die günstigeren Teslas sollten ab nächstem Jahr mehr Dynamik bringen. Der europäische EV-Markt wird jedoch viel dichter werden."
Matthias Schmidt, Schmidt Automotive
Matthias Schmidt, Analyst bei Schmidt Automotive, erwartet zwar, dass die günstigeren Teslas ab dem nächsten Jahr "mehr Schwung" bringen werden, warnt aber gleichzeitig vor einer zunehmenden Konkurrenz auf dem europäischen EV-Markt. AutoForecast Solutions prognostiziert über 25 neue Elektrofahrzeuge, die im nächsten Jahr in Europa auf den Markt kommen, und etwa ein Dutzend weitere bis 2027.
Fiorani schätzt, dass das Model Y Standard die europäischen Verkaufszahlen von Tesla auf Basis der aktuellen Preisinformationen aufrechterhalten könnte. Er fügt jedoch hinzu: "Es wird den Markt nicht so aufbrechen, wie es ein 30.000-Euro-Fahrzeug tun würde." Es ist klar, dass Tesla mehr als nur ein Model Y ohne FM-Tuner benötigt, um Marktanteile zurückzugewinnen.
Persönliche Präferenzen: Sind die Standard-Modelle attraktiv?
Was Analysten als Marktanforderung sehen, muss nicht immer den persönlichen Wünschen entsprechen. Die fehlende FM-Tuner-Funktion und die Beschränkung des Glasdachs auf einen "verglasten Fenster-Effekt" könnten als respektlos gegenüber den Kunden empfunden werden. Dennoch ist die Idee eines grundlegenderen Elektrofahrzeugs, das sich immer noch technologisch fortschrittlich anfühlt, nicht schlecht.
Die Rückkehr des Blinkerhebels ist für viele ein positives Detail. Auch Stoffsitze oder eine manuell verstellbare Lenksäule sind für einige Käufer akzeptabel. Ebenso wird das Fehlen eines Bildschirms in der zweiten Sitzreihe nicht von allen als Mangel empfunden. Die Frage bleibt: Würden Sie ein Tesla-Modell der Standard-Ausstattung kaufen? Sollten Autohersteller diesem Trend folgen und mehr abgespeckte Versionen ihrer Fahrzeuge anbieten?
- Preis: Sind die Standard-Modelle wirklich erschwinglich genug?
- Ausstattung: Sind die reduzierten Funktionen ein Deal-Breaker?
- Wettbewerb: Wie positionieren sich die Modelle im Vergleich zur wachsenden Konkurrenz?




