Der US-amerikanische Markt für Elektrofahrzeuge (EVs) steht vor erheblichen Herausforderungen. Nach Jahren starken Wachstums zeigt sich nun eine deutliche Verlangsamung. Diese Entwicklung wird durch mehrere Faktoren beeinflusst, darunter das Auslaufen wichtiger staatlicher Anreize und anhaltende Bedenken der Verbraucher.
Wichtige Erkenntnisse
- Der US-EV-Markt verzeichnet eine Verlangsamung des Wachstums, im Gegensatz zu Europa und China.
- Das Auslaufen der bundesweiten Steuergutschrift von 7.500 US-Dollar hat die Nachfrage beeinträchtigt.
- General Motors plant, seine EV-Produktion zu reduzieren und erwartet einen Verlust von 1,6 Milliarden US-Dollar.
- Hohe Fahrzeugpreise und mangelnde Ladeinfrastruktur sind Hauptgründe für die Zurückhaltung der Käufer.
- Experten prognostizieren eine Halbierung der EV-Akzeptanz in den USA bis 2030, von 35% auf 17%.
Rückgang der Nachfrage nach Elektrofahrzeugen
Die Euphorie um Elektrofahrzeuge in den USA scheint abzuebben. Große Automobilhersteller wie General Motors (GM) und Ford hatten sich ehrgeizige Ziele gesetzt. GM-CEO Mary Barra kündigte 2017 an, bis 2030 emissionsfrei zu sein. Ford folgte 2018 und plante, seine Investitionen in Elektro- und Hybridfahrzeuge bis 2022 fast zu verdreifachen.
Doch die Realität sieht anders aus. Die Akzeptanz von EVs hat sich verlangsamt. David Whiston, ein leitender Analyst bei Morningstar, erklärte, dass die Durchdringung des Marktes ins Stocken geraten sei. Dies zeigt sich in den jüngsten Entscheidungen der Hersteller.
Faktencheck
- GM erwartet einen Verlust von 1,6 Milliarden US-Dollar durch die Reduzierung seiner EV-Aktivitäten.
- Die bundesweite EV-Steuergutschrift von 7.500 US-Dollar lief am 30. September aus.
- Der durchschnittliche Preis eines Neuwagens in den USA überstieg kürzlich 50.000 US-Dollar.
Gezwungene Kurskorrektur bei GM
General Motors gab letzte Woche bekannt, seine Elektrofahrzeug-Aktivitäten zurückzufahren. Das Unternehmen rechnet mit einem Verlust von 1,6 Milliarden US-Dollar. Als Gründe nannte GM eine schwächere erwartete Nachfrage und Änderungen in der US-Politik, einschließlich des Endes der bundesweiten EV-Steuergutschriften und gelockerter Emissionsvorschriften.
Diese Entwicklung hat direkte Auswirkungen auf geplante Projekte. Die zweite Phase einer Batteriefabrik in Bécancour, Quebec, die in Partnerschaft mit dem koreanischen Stahlhersteller POSCO entsteht, wurde vorerst gestoppt. Eine Sprecherin von General Motors Kanada begründete die Entscheidung mit "sich entwickelnden Marktdynamiken".
"Die Nachfrage ist langsamer gewachsen als erwartet. Das wird sich voraussichtlich fortsetzen, angesichts der Streichung von Verbraucheranreizen und regulatorischer Änderungen." – James Cain, Executive Director für Finanzen und Vertriebskommunikation bei GM.
Ende der Subventionen und Verbraucherbedenken
Ein wesentlicher Faktor für die Verlangsamung ist das Auslaufen der bundesweiten EV-Steuergutschrift von 7.500 US-Dollar am 30. September. Diese Gutschrift, die 2008 eingeführt und unter der Biden-Regierung erweitert wurde, war ein wichtiger Treiber für EV-Verkäufe in den USA.
Im dritten Quartal gab es noch einen Anstieg der US-EV-Verkäufe um 40%. Dieser war jedoch primär darauf zurückzuführen, dass Käufer versuchten, die Gutschrift noch vor ihrem Auslaufen in Anspruch zu nehmen. Das zweite Quartal zeigte bereits einen Rückgang der Neuzulassungen von EVs um 6,3% im Jahresvergleich.
Hintergrundinformationen
Die US-Regierung hatte über Jahre hinweg Steuergutschriften und andere Anreize geschaffen, um den Übergang zur Elektromobilität zu fördern. Diese Maßnahmen zielten darauf ab, die anfänglich höheren Kosten von EVs zu kompensieren und die Verbreitung zu beschleunigen. Das plötzliche Ende dieser Subventionen, gepaart mit regulatorischer Unsicherheit, wirkt sich nun direkt auf die Kaufentscheidungen der Verbraucher aus.
Hohe Kosten und fehlende Infrastruktur
Neben dem Wegfall der Subventionen belasten die hohen Kosten neue EVs den Markt. Nach Angaben von Kelley Blue Book kosten Elektrofahrzeuge derzeit etwa 7.000 US-Dollar mehr als vergleichbare Benziner. Der durchschnittliche Preis eines Neuwagens überschritt kürzlich erstmals die Marke von 50.000 US-Dollar.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Bedenken der Verbraucher hinsichtlich der Ladeinfrastruktur. Eine Umfrage der Edmunds Automotive Information Group aus dem August 2024 zeigte, dass die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Ladestationen sowie die Ladezeiten zu den Hauptgründen gehören, warum Verbraucher keine EVs kaufen.
- Sorge um Ladestationen
- Lange Ladezeiten
- Verfügbarkeit von Ladepunkten
- Zuverlässigkeit der Infrastruktur
Der Einfluss des Gebrauchtmarktes und internationale Unterschiede
RBC Capital Markets argumentiert, dass die Verlangsamung der EV-Verkäufe in den USA hauptsächlich auf die große Preisspanne zwischen neuen und gebrauchten EVs zurückzuführen ist. Tom Narayan, leitender Aktienanalyst für globale Automobilwerte bei RBC Capital Markets, erklärt, dass die Preise für gebrauchte EVs so stark gesunken sind, dass US-Verbraucher eher gebrauchte als neue EVs kaufen.
Gebrauchte batterieelektrische Fahrzeuge (BEVs) kosten jetzt etwa 30.000 US-Dollar. Damit sind sie preislich mit gebrauchten Verbrennungsmotoren (ICE) vergleichbar. Mögliche US-Zölle könnten die Preise für neue EVs weiter in die Höhe treiben und die Lücke zwischen neuen und gebrauchten Modellen vergrößern.
Internationale Perspektive
Die Verlangsamung in den USA spiegelt sich nicht in Europa und China wider. Während die Prognosen für die EV-Durchdringung in Europa von 50% auf 40% gesunken sind, schreiben regulatorische Vorschriften dort weiterhin einen bestimmten Anteil an EV-Verkäufen vor. China führt das EV-Rennen weiterhin an, mit einem großen Kostenvorteil bei der Batterieproduktion und Marktdurchdringungsraten, die zwei- bis dreimal höher sind als in den USA.
Im September erreichten die weltweiten EV-Verkäufe einen Monatsrekord von 2,1 Millionen Einheiten. Allein auf China entfielen 1,3 Millionen dieser Verkäufe.
Ausblick für die EV-Akzeptanz in den USA
Analysten haben ihre Prognosen für die EV-Akzeptanz in den USA deutlich nach unten korrigiert. RBC Capital Markets halbierte seine Prognose für 2030 von 35% auf 17%. Als Hauptgrund wird die mangelnde öffentliche Ladeinfrastruktur genannt, insbesondere der Mangel an schnellen Level-3-Ladegeräten.
Ein Modellierungstool der Beratungsfirma EY, der "EY Mobility Lens Forecaster", prognostiziert, dass die 50%-Marke bei der EV-Akzeptanz in den USA erst 2039 erreicht wird – fünf Jahre später als zuvor angenommen. Die Kombination aus dem Wegfall von Kaufanreizen und regulatorischer Unsicherheit wird die Akzeptanz im Inland voraussichtlich verlangsamen, während die Technologie in anderen globalen Märkten weiter voranschreitet.
Die Zukunft der Elektromobilität in den USA hängt maßgeblich davon ab, wie schnell die Infrastruktur ausgebaut wird und ob die Hersteller Wege finden, die Fahrzeuge zu wettbewerbsfähigeren Preisen anzubieten, um die Verbraucher trotz fehlender Subventionen zu überzeugen.




