Das tunesische Startup Bako Motors will die Elektromobilität in Afrika mit einer besonderen Innovation vorantreiben: erschwingliche Fahrzeuge, die ihre Batterien teilweise mit Sonnenenergie aufladen. Das Unternehmen hat bereits zwei Modelle für den Stadt- und Lieferverkehr entwickelt und plant eine deutliche Ausweitung seiner Produktion.
Wichtige Erkenntnisse
- Bako Motors entwickelt kompakte Elektrofahrzeuge mit integrierten Solarpaneelen auf dem Dach.
- Die Solarenergie kann laut Unternehmen bis zu 50 Kilometer zusätzliche Reichweite pro Tag liefern.
- Die Modelle sind preislich auf den afrikanischen Markt zugeschnitten, mit Einstiegspreisen ab umgerechnet rund 6.200 US-Dollar.
- Über 40 % der Fahrzeugteile werden lokal in Tunesien bezogen, um die regionale Wirtschaft zu stärken.
- Das Unternehmen plant den Bau einer neuen Fabrik, um die Jahresproduktion auf bis zu 8.000 Fahrzeuge zu steigern.
Ein neuer Ansatz für die E-Mobilität in Afrika
Während der globale Markt für Elektrofahrzeuge wächst, stehen viele afrikanische Länder vor besonderen Herausforderungen. Die Ladeinfrastruktur ist oft lückenhaft und die Stromversorgung nicht immer stabil. Das 2021 gegründete Unternehmen Bako Motors aus Tunesien will diese Hürden mit einem cleveren Konzept überwinden.
Die Fahrzeuge des Startups sind mit Solarpaneelen auf dem Dach ausgestattet. Diese laden die Lithium-Batterien während der Fahrt oder im Stand direkt auf und machen die Nutzer unabhängiger vom Stromnetz. Die Idee ist nicht, das Netz vollständig zu ersetzen, sondern eine kostenlose und saubere Energiequelle zur Reichweitenverlängerung zu nutzen.
"Die Solarzellen decken mehr als 50 % unseres Bedarfs", erklärt Boubaker Siala, Gründer und CEO von Bako Motors. "Beim B-Van für den gewerblichen Einsatz kann man kostenlose Energie für etwa 50 Kilometer pro Tag erhalten. Das sind 17.000 Kilometer pro Jahr. Das ist enorm."
Dieser Ansatz bekämpft direkt die sogenannte „Reichweitenangst“ – eine der größten Sorgen potenzieller Käufer von Elektroautos. Die zusätzliche Sicherheit, auch ohne Ladesäule Energie zu gewinnen, könnte ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz in der Region sein.
Zwei Modelle für spezifische Bedürfnisse
Bako Motors konzentriert sich derzeit auf zwei Fahrzeugtypen, die für den urbanen Raum konzipiert sind. Beide Modelle sind kompakt, leicht und auf Effizienz ausgelegt.
Der wendige Stadtflitzer „Bee“
Der „Bee“ ist ein kleiner Zweisitzer, der sich ideal für den täglichen Pendelverkehr in der Stadt eignet. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 45 Kilometern pro Stunde und einer Reichweite zwischen 70 und 120 Kilometern ist er für kurze Strecken optimiert.
Fakten zum Bako Motors Bee
- Sitzplätze: 2
- Maximale Geschwindigkeit: 45 km/h
- Reichweite: 70-120 km
- Startpreis: 18.264 Tunesische Dinar (ca. 6.200 US-Dollar)
Der niedrige Preis macht den Bee zu einer attraktiven Alternative zu herkömmlichen Kleinwagen und motorisierten Zweirädern, die in vielen afrikanischen Städten das Straßenbild prägen.
Der praktische Lieferwagen „B-Van“
Für den kommerziellen Sektor hat Bako Motors den „B-Van“ entwickelt. Dieses vierrädrige Nutzfahrzeug ist für Logistikunternehmen und Lieferdienste auf der „letzten Meile“ gedacht. Es kann eine Nutzlast von bis zu 400 Kilogramm transportieren und hat eine Reichweite von 100 bis 300 Kilometern, abhängig von der Batteriekonfiguration.
Die zusätzliche Reichweite durch die Solarpaneele ist hier besonders wertvoll, da sie die Betriebskosten für Unternehmen senkt und die Effizienz erhöht. Der Startpreis liegt bei 24.990 Tunesischen Dinar, was etwa 8.500 US-Dollar entspricht.
Zusätzlich befindet sich ein drittes Modell, der „X-Van“, in der Planungsphase. Er soll Platz für zwei Passagiere bieten und über einen noch größeren Laderaum verfügen.
Lokale Produktion als Wirtschaftsmotor
Ein zentraler Bestandteil der Unternehmensstrategie von Bako Motors ist die lokale Wertschöpfung. Khaled Habaieb, der COO des Unternehmens, betont, dass über 40 % der Fahrzeugteile aus lokaler Produktion stammen. Dazu gehören entscheidende Komponenten wie die Lithium-Eisenphosphat-Batterien und der Stahl für die Karosserie.
Marktpotenzial in Afrika
Der afrikanische Markt für Elektrofahrzeuge befindet sich im Aufschwung. Prognosen zufolge soll der Marktwert bis 2030 auf 4,2 Milliarden US-Dollar ansteigen – mehr als eine Verdopplung des aktuellen Werts. Lokale Hersteller wie Bako Motors sind gut positioniert, um von diesem Wachstum zu profitieren, indem sie Fahrzeuge anbieten, die auf die spezifischen Bedingungen und Bedürfnisse des Kontinents zugeschnitten sind.
Dieser Ansatz stärkt nicht nur die tunesische Wirtschaft, sondern schafft auch dringend benötigte Arbeitsplätze. Zudem ermöglicht die lokale Fertigung, die Fahrzeuge besser an die oft anspruchsvollen Straßenverhältnisse anzupassen. Experten sehen darin einen großen Vorteil gegenüber importierten Modellen.
Bob Wesonga von der Africa E-Mobility Alliance, einem auf Elektromobilität spezialisierten Think Tank, sieht das Konzept positiv. „Es ist ein wirklich gutes Konzept, weil es hilft, die Reichweite eines E-Fahrzeugs zu erhöhen“, sagt er. Er fügt hinzu, dass lokal gefertigte Fahrzeuge besser auf die Mobilitätsbedürfnisse des Kontinents eingehen können.
Expansionspläne und Zukunftsaussichten
Bako Motors hat bisher rund 100 Fahrzeuge produziert, doch die Ambitionen sind groß. Derzeit wird eine zweite, größere Fabrik in Tunesien gebaut, die voraussichtlich Ende 2026 in Betrieb gehen soll. Mit dieser Anlage will das Unternehmen seine Produktionskapazität auf bis zu 8.000 Fahrzeuge pro Jahr steigern.
Der Zielmarkt ist nicht auf Tunesien beschränkt. Bako Motors plant den Export in andere afrikanische Länder, den Nahen Osten und sogar nach Europa.
CEO Boubaker Siala schätzt den potenziellen Markt in Afrika auf etwa eine Million Fahrzeuge pro Jahr. „Wir zielen auf vielleicht 5 bis 10 % dieses Marktes“, so Siala. Er ist überzeugt, dass die nächsten fünf bis zehn Jahre entscheidend für den Übergang zur Elektromobilität sein werden.
Mit seinem Fokus auf Erschwinglichkeit, lokaler Produktion und der cleveren Nutzung von Solarenergie könnte Bako Motors eine wichtige Rolle dabei spielen, die elektrische Revolution auf dem afrikanischen Kontinent zu beschleunigen und eine nachhaltige Mobilitätslösung für Millionen von Menschen zu schaffen.




