Eine neue Studie der europäischen Lobbygruppe Transport & Environment (T&E) warnt davor, dass Elektrofahrzeuge mit Reichweitenverlängerer (EREVs) die Abhängigkeit von Verbrennungsmotoren unnötig verlängern könnten. Die Analyse zieht Parallelen zu den negativen Erfahrungen mit Plug-in-Hybriden in Europa und stellt den tatsächlichen Umweltnutzen dieser Übergangstechnologie infrage.
Wichtige Erkenntnisse
- Eine Studie von Transport & Environment bezeichnet EREVs als potenzielle "Sackgasse" für die Automobilindustrie.
- Kritiker befürchten, dass EREVs wie Plug-in-Hybride hauptsächlich mit dem Verbrennungsmotor betrieben werden, was die Emissionsvorteile zunichtemacht.
- In China machen EREVs bereits 10 % des Marktes für New Energy Vehicles (NEVs) aus, angetrieben durch eine dichte Ladeinfrastruktur.
- Gleichzeitig plant China, den Export fortschrittlicher Batterietechnologien, einschließlich Festkörperbatterien, einzuschränken.
Die Debatte um Elektrofahrzeuge mit Range Extender
Elektrofahrzeuge mit Reichweitenverlängerer, sogenannte EREVs, kombinieren einen elektrischen Antriebsstrang mit einem kleinen Benzinmotor. Dieser Motor treibt jedoch nicht die Räder an, sondern fungiert ausschließlich als Generator, um die Batterie während der Fahrt aufzuladen und so die Gesamtreichweite zu erhöhen. Dieses Konzept soll Reichweitenangst abbauen und den Übergang zur reinen Elektromobilität erleichtern.
Während diese Technologie in einigen Märkten an Fahrt gewinnt, äußern Experten Bedenken. Die europäische Organisation Transport & Environment (T&E) veröffentlichte eine Studie, die nahelegt, dass die Förderung von EREVs die Abkehr von fossilen Brennstoffen verlangsamen könnte. Die Sorge ist, dass Autofahrer den Verbrennungsmotor als primäre Energiequelle nutzen und das Laden der Batterie vernachlässigen.
Was ist ein EREV?
Ein Extended-Range Electric Vehicle (EREV) ist ein Elektroauto mit einem zusätzlichen Verbrennungsmotor. Im Gegensatz zu einem Plug-in-Hybrid (PHEV) treibt der Verbrennungsmotor bei einem EREV niemals direkt die Räder an. Seine einzige Aufgabe ist es, Strom für die Batterie zu erzeugen, wenn diese einen niedrigen Ladezustand erreicht hat. Der Antrieb erfolgt immer rein elektrisch.
Parallelen zu Plug-in-Hybriden
Die Kritik von T&E basiert auf den Erfahrungen mit Plug-in-Hybridfahrzeugen (PHEVs) in Europa. Studien haben gezeigt, dass viele PHEV-Besitzer ihre Fahrzeuge selten oder nie aufladen. Stattdessen fahren sie überwiegend im Benzinbetrieb, was zu Emissionen führt, die oft höher sind als bei vergleichbaren reinen Verbrennerfahrzeugen.
"Die Verlängerung der Lebensdauer der Verbrennungstechnologie würde die Industrie in eine Sackgasse führen. Um eine Zukunft für die europäische Autoindustrie aufzubauen, muss die EU auf Kurs bleiben, die CO2-Ziele für Pkw bestätigen und selbstbewusst in das Elektrozeitalter eintreten", heißt es in der Studie von T&E.
Die Organisation argumentiert, dass es keine Garantie dafür gibt, dass das Nutzungsverhalten bei EREVs in Europa anders sein wird. Viele aktuelle EREV-Modelle verfügen über relativ große Kraftstofftanks, was die Nutzung im Verbrennungsmodus begünstigt und den Anreiz zum regelmäßigen Laden verringert.
Chinas Erfolg und Europas Herausforderung
In China hat sich die Situation anders entwickelt. Im zweiten Quartal des Jahres erreichten EREVs einen Marktanteil von 10 % im Segment der New Energy Vehicles (NEVs), zu dem hauptsächlich batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride zählen. Der Erfolg in China wird auf mehrere Faktoren zurückgeführt.
Hoher elektrischer Fahranteil in China
Der sogenannte "Utility Factor", also der prozentuale Anteil der im reinen Elektromodus zurückgelegten Strecke, liegt bei EREVs in China bei über 70 %. Dies führt zu echten Vorteilen für das Klima und den Geldbeutel der Fahrer.
Ein entscheidender Grund für diesen hohen elektrischen Fahranteil ist die weltweit am besten ausgebaute Ladeinfrastruktur in China. Die Verfügbarkeit von Ladestationen und die gesellschaftliche Akzeptanz der Elektromobilität motivieren die Fahrer, ihre Fahrzeuge wie vorgesehen zu nutzen. Es bleibt ungewiss, ob diese Erfolgsformel auf die USA und Europa übertragbar ist, wo die Ladeinfrastruktur noch Lücken aufweist.
Vorschläge für eine bessere Umsetzung
Die Studie von T&E plädiert nicht für ein vollständiges Verbot von EREVs, sondern für eine intelligentere Umsetzung der Technologie. Um den reinen Elektrobetrieb zu fördern, könnten folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- Verkleinerung der Kraftstofftanks: Ein kleinerer Tank würde die Abhängigkeit vom Benzin reduzieren und häufigeres Laden erzwingen.
- Begrenzung der Motorgröße: Der Einsatz überdimensionierter Motoren, wie des 3,6-Liter-V6 im neuen Jeep Grand Wagoneer EREV, untergräbt laut Kritikern den Zweck der Technologie.
Zahlreiche westliche Hersteller planen dennoch die Einführung von EREV-Modellen. Dazu gehören die Volkswagen-Marke Scout Motors, die bis 2027 einen SUV und einen Pickup auf den Markt bringen will, sowie Volvo, Ram, Hyundai, Nissan und Ford.
Weitere Entwicklungen im globalen Automobilmarkt
Neben der Debatte um Antriebstechnologien prägen zwei weitere Themen die Branche: Handelszölle und Chinas Kontrolle über Batterietechnologien.
Mögliche Lockerung von US-Autozöllen
Die US-Automobilindustrie könnte bald eine finanzielle Entlastung erfahren. Berichten zufolge plant das US-Handelsministerium, eine Regelung um fünf Jahre zu verlängern, die es Autoherstellern ermöglicht, Zölle auf importierte Fahrzeugteile zu reduzieren. Ursprünglich sollte diese Regelung nach zwei Jahren auslaufen.
Diese Maßnahme wäre eine wichtige Unterstützung für amerikanische Hersteller wie Ford, General Motors und Stellantis. Diese Unternehmen investieren derzeit massiv in den Aufbau von Batteriefabriken und neuen Produktionsanlagen für Elektrofahrzeuge, was ihre Bilanzen stark belastet. Eine Reduzierung der Zollkosten würde den finanziellen Druck während der kostspieligen Elektrifizierungswende mindern.
Chinas Exportkontrollen für Batterietechnologie
China plant, ab dem kommenden Monat Exportkontrollen für kritische Materialien und Batterietechnologien einzuführen. Dieser Schritt hat weitreichende Konsequenzen, da China nicht nur der weltweit größte Produzent von Lithium-Ionen-Batterien ist, sondern auch bei der Entwicklung neuer Technologien führend ist.
Durchbruch bei Festkörperbatterien
Berichten zufolge hat China bedeutende Fortschritte bei Festkörperbatterien erzielt. Diese sollen eine Energiedichte von bis zu 600 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) erreichen, verglichen mit 200-300 Wh/kg bei aktuellen Lithium-Ionen-Akkus. Eine Massenproduktion könnte bis Ende des Jahrzehnts möglich sein.
Diese Technologie verspricht nicht nur deutlich höhere Reichweiten für Elektroautos, sondern auch Ladezeiten, die mit dem Tanken eines Verbrenners vergleichbar sind. Zudem gelten Festkörperbatterien als sicherer und langlebiger. Die Exportbeschränkungen sollen Chinas technologischen Vorsprung sichern und seine Vormachtstellung in der globalen Energiewende festigen, insbesondere da die Technologie auch für militärische Zwecke relevant ist.




