Ashlea Wooten-Chapple entschied sich 2022 für ihr erstes Elektroauto, einen Ford Mustang Mach-E, und war sofort überzeugt. Das Fahrzeug passte perfekt zu ihrem Lebensstil: Es sparte Benzinkosten, war wartungsarm und bot viel Stauraum. Doch ihre positive Erfahrung spiegelt nicht den allgemeinen Trend wider. Aktuelle Daten zeigen, dass Frauen Elektroautos deutlich seltener kaufen als Männer. Dieser Unterschied wirft wichtige Fragen für die Zukunft der Mobilität auf.
Wichtige Erkenntnisse
- Studien belegen eine deutliche Lücke beim Kauf von Elektroautos zwischen Männern und Frauen.
- Frauen legen bei der Fahrzeugwahl oft größeren Wert auf Praktikabilität, Sicherheit und Anschaffungskosten.
- Sorgen bezüglich der Ladeinfrastruktur, insbesondere die Sicherheit an Ladestationen, beeinflussen die Kaufentscheidung von Frauen stärker.
- Das Marketing vieler Hersteller konzentriert sich oft auf technologische Aspekte und Leistung, die traditionell eine männliche Zielgruppe ansprechen.
Ein deutlicher Unterschied in den Verkaufszahlen
Der Markt für Elektrofahrzeuge wächst rasant, doch die Käuferschaft ist nicht gleichmäßig verteilt. Analysen von Marktforschungsunternehmen wie S&P Global Mobility zeigen, dass in vielen westlichen Märkten fast doppelt so viele Männer wie Frauen ein Elektroauto erwerben. Diese Diskrepanz ist nicht neu, aber sie bleibt auch bei zunehmender Verbreitung der Technologie bestehen.
Diese Entwicklung ist für die Automobilindustrie von großer Bedeutung. Frauen treffen oder beeinflussen einen erheblichen Teil der Kaufentscheidungen für Haushaltsfahrzeuge. Wenn Hersteller diesen Teil des Marktes nicht effektiv ansprechen, könnten sie das volle Wachstumspotenzial der Elektromobilität verpassen.
Statistiken zur E-Mobilität
Laut einer Studie der University of California, Davis, sind Männer in der Regel „Early Adopter“ neuer Technologien, was auch für Elektroautos gilt. In den USA lag der Anteil männlicher Käufer bei neuen E-Fahrzeugen bei rund 70 %, während es bei Verbrennern ein ausgeglicheneres Verhältnis gibt.
Praktische Bedenken im Vordergrund
Experten sind sich einig, dass die Gründe für die Zurückhaltung von Frauen vielschichtig sind. Einer der Hauptfaktoren sind praktische Überlegungen. Frauen sind oft die Hauptverantwortlichen für die Organisation des Familienalltags, was die Anforderungen an ein Fahrzeug stark prägt.
Reichweitenangst und Ladeinfrastruktur
Die sogenannte Reichweitenangst – die Sorge, mit leerem Akku liegenzubleiben – ist ein bekanntes Hindernis. Bei Frauen scheint diese Sorge jedoch stärker ausgeprägt zu sein. Dies hängt oft damit zusammen, dass das Familienauto für eine Vielzahl von Aufgaben zuverlässig funktionieren muss, von der Fahrt zur Schule über den Wocheneinkauf bis hin zu längeren Urlaubsreisen.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Sicherheit an öffentlichen Ladestationen. Das Aufladen eines E-Autos dauert länger als das Tanken. Viele Frauen äußern Bedenken, nachts oder an schlecht beleuchteten, abgelegenen Ladepunkten längere Zeit warten zu müssen. Die Infrastruktur ist hier noch nicht überall auf die Sicherheitsbedürfnisse aller Nutzer ausgelegt.
„Frauen sind oft pragmatischer in ihrer Fahrzeugwahl. Sie bewerten das Gesamtpaket aus Zuverlässigkeit, Kosten und Alltagstauglichkeit. Wenn es Zweifel an einem dieser Punkte gibt, entscheiden sie sich eher für eine bewährte Technologie.“
Die Kostenfrage
Obwohl die Betriebskosten für Elektroautos niedriger sind, bleibt der höhere Anschaffungspreis eine Hürde. Frauen zeigen in Studien tendenziell eine höhere Preissensibilität. Das Budget für das Familienauto ist oft fest kalkuliert, und der Aufpreis für ein E-Modell kann, trotz staatlicher Förderungen, abschreckend wirken.
Für Ashlea Wooten-Chapple war die Rechnung einfach. „Ich habe die Einsparungen beim Kraftstoff und der Wartung gesehen und wusste, dass es sich für mich lohnt“, erklärt sie. Doch nicht für jede Familie ist diese langfristige Kalkulation ausschlaggebend.
Marketing und Fahrzeugdesign im Fokus
Die Art und Weise, wie Elektroautos beworben und gestaltet werden, spielt ebenfalls eine große Rolle. Viel zu oft konzentriert sich die Werbung auf Beschleunigung, technologische Spielereien und ein futuristisches Image. Diese Aspekte sprechen zwar eine technikaffine Käuferschicht an, die überwiegend männlich ist, vernachlässigen aber andere wichtige Kriterien.
Zielgruppen im Wandel
Die erste Welle der E-Auto-Käufer bestand hauptsächlich aus technikbegeisterten Männern mit hohem Einkommen. Um den Massenmarkt zu erobern, müssen Hersteller nun eine breitere Zielgruppe ansprechen, zu der auch Familien und preissensiblere Käuferinnen gehören.
Themen wie Sicherheit, Stauraum, Flexibilität im Innenraum und die Gesamtkosten über die Haltedauer (Total Cost of Ownership) sind für viele Frauen kaufentscheidend. Nur wenige Marken heben diese Vorteile in ihrer Kommunikation gezielt hervor.
- Sicherheit: Elektroautos haben oft einen niedrigen Schwerpunkt und schneiden in Crashtests gut ab – ein starkes Verkaufsargument.
- Stauraum: Der Wegfall von Motor und Getriebetunnel schafft oft zusätzlichen Platz, wie den „Frunk“ (vorderer Kofferraum), den Wooten-Chapple für ihre Einkäufe nutzt.
- Zuverlässigkeit: Weniger bewegliche Teile bedeuten in der Regel geringeren Wartungsaufwand.
Wie die Industrie reagieren kann
Um die Lücke zu schließen, müssen Hersteller und Politik an mehreren Stellen ansetzen. Eine verbesserte Ladeinfrastruktur ist der Schlüssel. Ladeparks müssen nicht nur zahlreicher, sondern auch sicherer, besser beleuchtet und an gut frequentierten Orten wie Supermärkten oder Einkaufszentren platziert werden.
Die Automobilhersteller selbst sind gefordert, ihre Produkte und ihr Marketing anzupassen. Anstatt sich nur auf Leistung zu konzentrieren, sollten die praktischen Vorteile der Elektromobilität stärker in den Vordergrund gerückt werden. Eine Kommunikation, die den Alltag von Familien aufgreift und zeigt, wie ein E-Auto diesen erleichtern kann, wäre ein wichtiger Schritt.
Letztendlich wird die zunehmende Auswahl an erschwinglicheren Elektromodellen, insbesondere im SUV- und Kompaktwagensegment, dazu beitragen, eine breitere Käuferschicht zu erreichen. Wenn praktische Bedenken ausgeräumt und die finanziellen Hürden gesenkt werden, könnten bald mehr Frauen wie Ashlea Wooten-Chapple die Vorteile eines Elektroautos für sich entdecken.




