Der Markt für elektrische Lieferwagen in den USA zeigt eine klare Rangordnung: Rivian verteidigt seine Spitzenposition, sieht sich jedoch wachsendem Druck durch Konkurrenten wie Chevrolet ausgesetzt. Neue Verkaufszahlen für die ersten drei Quartale des Jahres verdeutlichen die Dynamik in diesem wichtigen Segment der Elektromobilität, während etablierte Hersteller wie Ford deutliche Rückgänge verzeichnen.
Wichtige Erkenntnisse
- Rivian bleibt mit seinem Commercial Van (RCV) der meistverkaufte Elektro-Lieferwagen in den USA, obwohl die Verkaufszahlen im Jahresvergleich sinken.
- Der Chevrolet BrightDrop verzeichnet ein enormes Wachstum und rückt Rivian im dritten Quartal dicht auf die Fersen.
- Ford erlebt mit dem E-Transit einen drastischen Einbruch der Verkaufszahlen und fällt im Ranking zurück.
- Mercedes-Benz etabliert sich mit dem eSprinter langsam auf dem Markt, die Zahlen sind aber noch gering.
Marktübersicht: Die Dominanz von Rivian wankt
In den ersten neun Monaten des Jahres hat sich der Rivian Commercial Van (RCV) als führendes Modell im Segment der elektrischen Lieferwagen in den Vereinigten Staaten behauptet. Laut Schätzungen von Cox Automotive konnte das Startup seine Position an der Spitze verteidigen, die es bereits im Vorjahr innehatte. Dies ist bemerkenswert, da Rivian in diesem Zeitraum mehr Transporter als R1T-Pickups verkaufte.
Trotz der Führungsposition gibt es Anzeichen für eine nachlassende Dynamik. Die Verkaufszahlen des RCV sind im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. Diese Entwicklung öffnet die Tür für Wettbewerber, die mit aggressiven Strategien Marktanteile gewinnen wollen.
Hintergrund: Der strategische Wert von Lieferwagen
Elektrische Lieferwagen sind für viele Unternehmen ein zentraler Baustein ihrer Nachhaltigkeitsstrategien. Große Flottenbetreiber wie Amazon, FedEx und UPS investieren massiv in die Elektrifizierung ihrer Fahrzeugparks, um Betriebskosten zu senken und Emissionsziele zu erreichen. Dieser Trend treibt die Nachfrage an und macht das Segment für Fahrzeughersteller besonders attraktiv.
Rivian im Detail: Zahlen und Trends
Obwohl Rivian die Spitze hält, zeigen die Daten eine differenzierte Entwicklung. Im dritten Quartal wurden 2.639 Einheiten des RCV verkauft. Dies entspricht einem Rückgang von 41,5 % im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dennoch lag diese Zahl um 261 Einheiten über den Verkäufen des Pickups R1T.
Betrachtet man den Zeitraum von Januar bis September, so verkaufte Rivian insgesamt 6.809 Einheiten der Modelle RCV500 und RCV700. Das ist ein Rückgang von 24,6 % gegenüber dem Vorjahr. Trotzdem wurden damit 952 mehr Transporter als R1T-Modelle abgesetzt.
Rivians Bestseller ist ein SUV
Während der Transporter und der Pickup im Fokus stehen, ist das meistverkaufte Fahrzeug von Rivian insgesamt der R1S SUV. Im dritten Quartal wurden 8.184 Einheiten verkauft, was einer beeindruckenden Steigerung von 140,3 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dies zeigt, dass Rivian im Privatkundensegment stark wächst.
Chevrolet BrightDrop holt stark auf
Der größte Herausforderer für Rivian ist derzeit der Chevrolet BrightDrop. Nach einer Phase der Unsicherheit, in der das Fahrzeug unter der eigenständigen Marke BrightDrop produziert wurde, hat die Integration in die Marke Chevrolet dem Modell offenbar gutgetan. Die Verkaufszahlen sind regelrecht explodiert.
Von Juli bis September verkaufte General Motors 2.384 Einheiten des BrightDrop. Das ist eine seismische Steigerung von 869,1 % im Vergleich zum Vorjahresquartal. Mit diesem Ergebnis lag GM nur noch knapp 300 Fahrzeuge hinter Rivian und verpasste die Marktführerschaft im dritten Quartal nur knapp.
Auf das gesamte Jahr bezogen wurden bis September 3.976 BrightDrop-Transporter verkauft. Dies stellt eine Zunahme von 300,8 % dar, liegt aber noch deutlich hinter den 6.809 Einheiten von Rivian.
Ford und Mercedes-Benz kämpfen um Anschluss
Ein schwieriges Quartal für den Ford E-Transit
Für den Ford E-Transit, einst ein starker Konkurrent, war das dritte Quartal eine herbe Enttäuschung. In den USA wurden lediglich 430 Einheiten verkauft, was einem dramatischen Einbruch von 85,4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dieser Rückgang ist ein deutliches Warnsignal für den etablierten Hersteller.
Auch die Jahresbilanz sieht nicht besser aus. Von Januar bis September sanken die Verkäufe des elektrischen Transit um 50,3 % von 9.256 Einheiten im Vorjahr auf 4.604 in diesem Jahr. Damit fällt Ford im direkten Vergleich deutlich zurück.
Mercedes-Benz eSprinter mit langsamem Start
Der Mercedes-Benz eSprinter hat es ebenfalls auf den US-Markt geschafft und konnte seine Verkaufszahlen steigern. Im dritten Quartal wurden 320 Einheiten verkauft, eine deutliche Verbesserung gegenüber den 30 Modellen im Vorjahr. Seit Jahresbeginn hat das deutsche Unternehmen insgesamt 495 elektrische Sprinter in den USA abgesetzt.
Andere Modelle wie der Ram ProMaster EV sind zwar auf dem Markt, ihre Verkaufszahlen sind laut Cox Automotive jedoch so gering, dass sie nicht als eigenständiger Posten aufgeführt werden. Sie fallen in die Kategorie „Zusätzliche EV-Modelle“.
Verkaufszahlen im Überblick: Q3 2024
- Rivian Commercial Van: 2.639 Einheiten (-41,5 %)
- Chevrolet BrightDrop: 2.384 Einheiten (+869,1 %)
- Ford E-Transit: 430 Einheiten (-85,4 %)
- Mercedes-Benz eSprinter: 320 Einheiten (+966,7 %)
Quelle: Cox Automotive. Die prozentuale Veränderung bezieht sich auf Q3 2023.
Ausblick auf den Wettbewerb
Der Markt für elektrische Lieferwagen in den USA bleibt dynamisch. Während Rivian seine Führungsposition verteidigt, zeigt der massive Zuwachs des Chevrolet BrightDrop, dass General Motors ein ernstzunehmender Konkurrent ist. Die Neupositionierung des Modells unter der Marke Chevrolet scheint sich auszuzahlen und könnte den Wettbewerb in den kommenden Quartalen weiter anheizen.
Für Ford ist die aktuelle Entwicklung besorgniserregend. Der starke Rückgang der E-Transit-Verkäufe erfordert eine genaue Analyse der Ursachen, sei es durch Produktionsprobleme, Preisgestaltung oder nachlassende Nachfrage. Um im Rennen zu bleiben, muss Ford schnell gegensteuern.
Hersteller wie Mercedes-Benz und Stellantis (mit dem Ram ProMaster EV) spielen derzeit noch eine untergeordnete Rolle, könnten aber in Zukunft an Bedeutung gewinnen, wenn sie ihre Produktion hochfahren und ihre Vertriebsstrategien anpassen. Der Kampf um die Elektrifizierung der „letzten Meile“ hat gerade erst begonnen.




