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US-Automarkt: Mehrere Hersteller stoppen Elektroauto-Modelle

Mehrere Automobilhersteller in den USA, darunter Ford, Nissan und Ram, stoppen die Produktion oder Entwicklung wichtiger Elektroauto-Modelle.

Elara Schmidt
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Elara Schmidt

Elara Schmidt ist eine erfahrene Wirtschaftsjournalistin mit Schwerpunkt auf Automobilmärkte, Elektromobilität und internationale Handelsbeziehungen. Sie analysiert die Dynamik globaler und regionaler Wirtschaftstrends.

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US-Automarkt: Mehrere Hersteller stoppen Elektroauto-Modelle

Mehrere große Automobilhersteller haben in den Vereinigten Staaten die Produktion oder Entwicklung wichtiger Elektrofahrzeugmodelle eingestellt. Diese Entscheidungen von Ford, Nissan, Acura und Ram (Stellantis) deuten auf eine strategische Neuausrichtung in einem sich verändernden Marktumfeld hin, das von nachlassender Nachfrage und wirtschaftlichem Druck geprägt ist.

Wichtige Erkenntnisse

  • Ford hat die Pläne für einen großen elektrischen SUV mit drei Sitzreihen verworfen.
  • Nissan stellt die Produktion des Crossover-Modells Ariya für den US-Markt ein.
  • Acura hat sein Elektromodell ZDX, das in Kooperation mit GM entwickelt wurde, gestrichen.
  • Ram ersetzt die rein elektrische Version seines Pickups „Rev“ durch Hybrid- und Benzinvarianten.
  • Die Entscheidungen fallen mit dem Auslaufen von Subventionen und einer Stabilisierung des Marktanteils von E-Autos zusammen.

Ford passt seine Elektro-Strategie an

Ford hat offiziell die Entwicklung eines geplanten Elektro-SUVs mit drei Sitzreihen für den US-Markt gestoppt. Das Unternehmen begründete den Schritt mit der Notwendigkeit, ein wettbewerbsfähiges und profitables Geschäft aufzubauen. Stattdessen plant der Konzern, bei seinen nächsten großen SUVs verstärkt auf Hybridtechnologien zu setzen.

Die Entscheidung führte zu einer Sonderabschreibung in Höhe von rund 400 Millionen US-Dollar für bereits getätigte Investitionen in produktionsspezifische Anlagen. John Lawler, Finanzvorstand von Ford, erklärte, das Unternehmen passe seine Produkt- und Technologie-Roadmap an, um die Rentabilität neuer Modelle zu sichern.

Hintergrund der Entscheidung

Laut Ford sind Preisdruck und schrumpfende Gewinnmargen im Segment der großen, teuren Elektrofahrzeuge die Hauptgründe für die strategische Kurskorrektur. Das Unternehmen gibt die Elektromobilität jedoch nicht auf. Berichten zufolge wird weiterhin an einem kostengünstigen, kleineren Elektro-Pickup gearbeitet, um andere Marktsegmente zu bedienen.

Nissan und Acura ziehen sich aus bestimmten Segmenten zurück

Auch Nissan, ein Pionier im Bereich erschwinglicher Elektroautos mit dem Modell Leaf, nimmt Anpassungen vor. Die Produktion des höherpreisigen Crossover-Modells Ariya für den amerikanischen Markt wird eingestellt. Der Ariya hatte Schwierigkeiten, konstante Verkaufszahlen von über 2.000 Einheiten pro Monat zu erreichen.

Im zweiten Quartal des Jahres zählte der Ariya zu den Modellen mit den geringsten Verkaufszahlen der Marke, ähnlich wie die Nischenfahrzeuge GT-R und Z. Der Nissan Leaf, der bald in seine dritte Generation geht, bleibt im Programm, wird aber voraussichtlich nur noch in geringen Stückzahlen produziert.

Acuras kurzes Engagement im E-Auto-Markt

Acura, die Premium-Marke von Honda, hat ihr einziges reines Elektromodell, den ZDX, ebenfalls vom Markt genommen. Dieses Fahrzeug wurde in enger Partnerschaft mit General Motors entwickelt und teilte einen Großteil seiner Komponenten mit GM-Produkten. Die Verkaufszahlen des ZDX blieben weit hinter denen anderer Acura-Modelle zurück, was die Entscheidung zur Einstellung erleichterte. Die Marke wird vorerst ohne ein reines Elektrofahrzeug im Portfolio weitermachen.

Marktanteil und Subventionen

Der Marktanteil von batterieelektrischen Fahrzeugen (BEVs) in den USA erreichte im letzten Quartal einen Höchststand von knapp 10 %. Das Auslaufen staatlicher Subventionen hat jedoch den Kaufdruck für viele Konsumenten verringert und zwingt die Hersteller, die Wirtschaftlichkeit ihrer Modelle neu zu bewerten.

Stellantis und Bentley ändern ebenfalls ihre Pläne

Der Stellantis-Konzern, zu dem Marken wie Dodge und Ram gehören, hat ebenfalls seine Elektro-Pläne überarbeitet. Die Marke Ram war die erste innerhalb des Konzerns, die ein angekündigtes E-Auto-Projekt offiziell stoppte. Der rein batterieelektrische Pickup-Truck namens „Rev“ wird nicht wie geplant auf den Markt kommen.

Stattdessen wird sich Ram auf Hybrid- und traditionelle Verbrennungsmotoren für dieses Modell konzentrieren. Diese Entscheidung spiegelt die generelle Marktschwäche bei elektrischen Pickup-Trucks in den USA wider, wo bisher kein Hersteller bedeutende Verkaufszahlen erzielen konnte.

„Wir sind bestrebt, langfristigen Wert zu schaffen, indem wir ein wettbewerbsfähiges und profitables Geschäft aufbauen.“ - John Lawler, Ford Vice Chair und Chief Financial Officer

Auch Luxusmarken sind betroffen

Selbst im Hochpreissegment gibt es Anpassungen. Berichten zufolge hat Bentley, eine Marke des Volkswagen-Konzerns, sein geplantes Elektroauto-Programm auf Eis gelegt. Es wird vermutet, dass die Unterstützung für das Projekt innerhalb des VW-Konzerns zurückgezogen wurde, was die Herausforderungen bei der Entwicklung profitabler High-End-Elektrofahrzeuge unterstreicht.

Markttrends und Ausblick

Die jüngsten Ankündigungen zeigen einen klaren Trend: Automobilhersteller reagieren auf eine veränderte Marktdynamik. Während Modelle wie Teslas Model 3 und Model Y weiterhin erfolgreich sind, haben es viele andere schwer, eine ausreichende Käuferschaft zu finden. Die hohen Entwicklungskosten und der starke Wettbewerb führen dazu, dass unrentable Modelle schnell aus dem Programm genommen werden.

Experten beobachten nun, welche weiteren Modelle betroffen sein könnten. Insbesondere große und teure Elektro-Pickups gelten als gefährdet, da ihre Verkaufszahlen bisher sehr niedrig sind. Analysten gehen davon aus, dass sich viele Hersteller künftig auf ein oder zwei Kernmodelle im E-Auto-Bereich konzentrieren werden, um Entwicklungs- und Produktionskosten zu bündeln. Konzerne mit Baukasten-Plattformen wie Hyundai/Kia oder General Motors könnten hier im Vorteil sein, da sie eine Plattform für verschiedene Marken und Fahrzeugtypen nutzen können.