Tesla, einst als unangefochtener Marktführer im Bereich Elektrofahrzeuge bekannt, sieht sich einem zunehmend härteren Wettbewerb gegenüber. Die Strategie des Unternehmens, sich stark auf das Model 3 und Model Y zu konzentrieren, wird nun durch aggressive Preissenkungen untermauert. Dies soll Marktanteile sichern, während Konkurrenten wie BYD aufholen.
Wichtige Erkenntnisse
- Über 95 Prozent der Tesla-Auslieferungen stammen von Model 3 und Model Y.
- Tesla reagiert auf langsamer werdendes Nachfragewachstum mit Preissenkungen.
- BYD entwickelt sich zu einem starken Konkurrenten, insbesondere im SUV-Segment.
- Teslas Bruttomargen sind von fast 30 Prozent auf etwa 17 Prozent gesunken.
- Die langfristige Bewertung Teslas hängt von der Diversifizierung über EVs hinaus ab.
Marktdynamik und Teslas Reaktion
Die globale Automobilindustrie erlebt einen Wandel. Während BYD Tesla bei den weltweiten Verkaufszahlen überholt hat, wurden direkte Vergleiche zwischen den Elektrofahrzeugen beider Unternehmen lange vermieden. Tesla galt als Pionier, BYD oft als Nachahmer. Diese Wahrnehmung ändert sich nun.
Im vergangenen Jahr entfielen über 95 Prozent der weltweiten Auslieferungen von Tesla auf das Model 3 und das Model Y. Diese beiden Modelle waren fast ein Jahrzehnt lang die treibende Kraft hinter dem Wachstum des Unternehmens. Doch der Markt entwickelt sich weiter. Das Nachfragewachstum verlangsamt sich, und die Konkurrenz holt auf.
Teslas Antwort auf diese Entwicklungen sind aggressive Preissenkungen. Das Unternehmen hofft, dass ein höheres Verkaufsvolumen die schrumpfenden Margen ausgleichen kann. Dies zeigt eine klare strategische Neuausrichtung.
Faktencheck
- 95% der Tesla-Auslieferungen im letzten Jahr: Model 3 und Model Y.
- Teslas Lieferungen stiegen 2023 um 38% auf 1,81 Millionen Fahrzeuge nach Preissenkungen.
- Kosten für LFP-Batterien in China fielen auf 52 US-Dollar pro Kilowattstunde (S&P Global Mobility).
Das Model Y Standard und der Wettbewerb mit BYD
Ein deutliches Zeichen dieser neuen Strategie ist die Einführung des Model Y Standard. Es kostet in den USA 39.990 US-Dollar und in Deutschland 39.990 Euro. Dieser niedrigere Einstiegspreis für das wichtigste Modell von Tesla ist ein defensiver Schritt. Tesla kämpft darum, seine Position gegen BYD im wichtigen Segment der mittelgroßen Elektro-SUVs zu verteidigen. Dieses Segment schien einst für Elon Musks Unternehmen uneinnehmbar.
BYDs Sealion 7 ist ein direkter Konkurrent des Model Y. Er bietet eine Reichweite von bis zu 456 km und beschleunigt in etwa 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das Interieur ist hochwertig und minimalistisch gestaltet. Das Tesla Model Y Standard bietet eine Reichweite von etwa 516 km und beschleunigt in 6,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Es bietet zudem Zugang zu Teslas umfangreichem Supercharger-Netzwerk.
„Die Einführung des Model Y Standard zu einem aggressiven Preis ist ein klares Signal, dass Tesla seine Marktposition im Angesicht des wachsenden Wettbewerbs aktiv verteidigen will.“
Preisgestaltung und Exportmärkte
In den Exportmärkten wird der Sealion 7 von BYD zu einem höheren Preis angeboten. Im Vereinigten Königreich kostet er umgerechnet etwa 60.000 US-Dollar. Damit ist er in Kontinentaleuropa mindestens 30 Prozent teurer als Teslas neues Einstiegsmodell Model Y. Dies stellt eine Umkehrung der früheren Rollen dar. Früher musste Tesla seinen Premiumpreis rechtfertigen, während BYD Marktanteile gewann. Nun steht BYD vor der gleichen Herausforderung.
BYDs Kostenvorteile resultieren aus einer vertikal integrierten Lieferkette und der Verwendung von Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Blade-Batterien. Laut S&P Global Mobility sanken die Kosten dieser Batterien in China im letzten Jahr auf 52 US-Dollar pro Kilowattstunde. Trotzdem muss BYD höhere Versandkosten, Anpassungen an regulatorische Vorschriften und die Komplexität der Batterieintegration in Kauf nehmen. Da Tesla den Kostenabstand verringert, verschiebt sich die Preissetzungsmacht zugunsten von Tesla.
Hintergrundinformationen
BYD hat in den letzten Jahren erheblich in die vertikale Integration seiner Produktion investiert. Dies umfasst die Herstellung eigener Batterien, was dem Unternehmen einen Vorteil bei den Materialkosten verschafft. Tesla hingegen ist stark auf Skaleneffekte und die Effizienz seiner Gigafactories angewiesen, um Kosten zu senken.
Auswirkungen der Preissenkungen auf Tesla und BYD
Nach den Preissenkungen im Jahr 2023 stiegen die Auslieferungen von Tesla im Jahresvergleich um 38 Prozent auf 1,81 Millionen Fahrzeuge. Trotz der Herausforderungen, die Tesla aufgrund von Musks Kontroversen in den letzten Jahren erlebt hat, deutet diese Entwicklung darauf hin, dass Preissenkungen die jährliche Nachfrage um etwa 300.000 Fahrzeuge steigern könnten.
Selbst wenn die Hälfte dieser Zuwächse auf Kosten von BYD ginge, würde Tesla von höheren Volumina und verbesserter Fabrikeffizienz profitieren. BYD hingegen würde Marktanteile und Preissetzungsmacht verlieren. Für BYD, das in China inmitten eines harten Preiskampfes florierte, kommt dieser Zeitpunkt ungünstig. Eine Anpassung an Teslas neue Preise würde den Druck auf die Margen der Sealion-Modelle erhöhen. Diese Modelle waren im letzten Monat die zweitbestverkaufte Baureihe von BYD.
BYDs vertikale Integration bietet zwar einen gewissen Puffer, reicht aber möglicherweise nicht aus, um einen umfassenderen Druck zu vermeiden. Teslas größere globale Skala und sein umfangreiches Vertriebsnetz ermöglichen es dem Unternehmen, solche Belastungen leichter zu absorbieren.
Langfristige Bewertung und Zukunftsaussichten
Kurzfristig mögen diese Entwicklungen positiv für Tesla sein. Sie werfen jedoch tiefere Fragen hinsichtlich der Unternehmensbewertung auf. Teslas Marktwert von 1,4 Billionen US-Dollar, der mehr als dem Zehnfachen von BYD entspricht, basiert auf dem Versprechen außergewöhnlicher Margen. Preissenkungen werden diese Margen jedoch zwangsläufig schmälern.
Die Bruttomarge von Tesla lag im zweiten Quartal dieses Jahres bei etwa 17 Prozent. Der Automobilabsatz machte etwa drei Viertel des Gesamtumsatzes aus. Dies ist deutlich niedriger als im vierten Quartal 2021, als die Bruttomargen im Automobilbereich, ohne Berücksichtigung von Emissionszertifikaten, fast 30 Prozent betrugen.
Mehr als nur Elektrofahrzeuge
Es stimmt, dass Teslas Wert über seine Elektrofahrzeuge hinausgeht. Das Unternehmen agiert auch als KI-Unternehmen, Energieversorger und Robotik-Innovator. Erzählungen über das potenzielle Wachstum dieser Bereiche haben dazu beigetragen, dass die Aktie mit mehr als dem 200-fachen der zukünftigen Gewinne gehandelt wird. Diese Ambitionen sind real. Der Großteil des Cashflows stammt jedoch immer noch aus dem Verkauf von zwei EV-Modellen.
Beide Fahrzeuge sehen sich nun glaubwürdigen Rivalen gegenüber. Diese können Tesla in Bezug auf Leistung und zunehmend auch im Design das Wasser reichen. Teslas Preissenkungen zeigen, dass das Unternehmen weiterhin den Ton für die EV-Branche angeben kann. Sie zeigen aber auch die Grenzen des aktuellen Geschäftsmodells auf. Das Unternehmen, das Elektrofahrzeuge einst zu einem Statussymbol machte, muss sie nun erschwinglich machen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Bewertung von Tesla muss sich dieser neuen Realität anpassen.




