Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEVs) im realen Betrieb deutlich mehr CO2 ausstoßen als von den Herstellern angegeben. Im Durchschnitt emittieren PHEVs in Europa nur 19 Prozent weniger CO2 pro Kilometer als herkömmliche Benzin- und Dieselfahrzeuge. Dies stellt die Umweltvorteile dieser Technologie in Frage.
Wichtigste Erkenntnisse
- PHEVs stoßen im realen Betrieb fünfmal mehr CO2 aus als offizielle Tests zeigen.
- Der reale CO2-Ausstoß liegt bei 135 g/km, verglichen mit 166 g/km bei Benzinern.
- Fahrer zahlen durchschnittlich 250 Euro mehr pro Jahr für Kraftstoff als erwartet.
- Selbst im reinen Elektromodus wird der Verbrennungsmotor oft zugeschaltet.
- Die Autoindustrie versucht, die Korrektur der offiziellen Emissionswerte zu verhindern.
Realemissionen übertreffen offizielle Angaben
Aktuelle Analysen von Marktdaten und Emissionswerten aus ganz Europa belegen, dass die tatsächlichen Emissionen von Plug-in-Hybriden weit über den offiziellen Prüfstandsangaben liegen. Die durchschnittlichen Realemissionen europäischer PHEVs betragen 135 Gramm CO2 pro Kilometer (gCO₂/km). Dies ist ein signifikanter Unterschied zu den offiziell angegebenen Werten, die bis zu 75 Prozent niedriger ausfallen.
Zum Vergleich: Benzin- und Dieselfahrzeuge emittieren durchschnittlich 166 gCO₂/km. Der tatsächliche Vorteil von PHEVs gegenüber Verbrennern schrumpft damit auf nur 19 Prozent. Dies widerspricht der ursprünglichen Erwartung, dass PHEVs einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung von Emissionen leisten würden.
Faktencheck
- Offiziell vs. Real: Das Verhältnis zwischen offiziellen und realen Emissionen hat sich von 3,5-fach (2021) auf 5-fach (2023) erhöht.
- Kosten für Fahrer: PHEV-Fahrer zahlen jährlich bis zu 250 Euro mehr für Benzin, da der Verbrennungsmotor häufiger genutzt wird.
- Gesamtkosten: Die Energiekosten (Laden und Tanken) sind für PHEV-Fahrer rund 50 Prozent höher als erwartet.
Der Einfluss des Nutzungsfaktors
Die Diskrepanz zwischen offiziellen und realen Werten ist hauptsächlich auf fehlerhafte Annahmen beim sogenannten Nutzungsfaktor (Utility Factor, UF) zurückzuführen. Dieser Faktor beschreibt, welchen Anteil der Strecke Fahrer im reinen Elektromodus zurücklegen.
Die bisherige WLTP-Testmethodik ging davon aus, dass ein PHEV mit 60 Kilometern elektrischer Reichweite über 80 Prozent dieser Distanz elektrisch fährt. Die realen Daten aus dem Jahr 2023 zeigen jedoch, dass dieser Wert nur bei 27 Prozent liegt. Dies bedeutet, dass der Verbrennungsmotor viel häufiger zum Einsatz kommt als angenommen.
„Plug-in-Hybride sind einer der größten Betrugsfälle in der Automobilgeschichte“, sagte Lucien Mathieu, Direktor für Autos bei T&E. „Sie emittieren fast so viel wie Benziner. Selbst im Elektromodus verschmutzen sie achtmal so viel, wie offizielle Tests behaupten.“
Verbrennungsmotor unterstützt auch im E-Modus
Selbst wenn PHEVs im vermeintlich reinen Elektromodus (CD-Modus) gefahren werden, schaltet sich der Verbrennungsmotor häufig zu. Dies geschieht insbesondere bei Beschleunigung, höheren Geschwindigkeiten oder Bergauffahrten. Die Analyse zeigt, dass der Verbrennungsmotor im CD-Modus fast ein Drittel der Strecke unterstützt.
Dies liegt daran, dass die Elektromotoren in vielen PHEVs nicht leistungsstark genug sind, um das Fahrzeug unter typischen realen Bedingungen vollständig elektrisch zu betreiben. Dies führt zu einem unerwartet hohen Kraftstoffverbrauch und damit zu höheren Emissionen.
Die Rolle der Automobilindustrie und politische Implikationen
Die Automobilindustrie hat lange Zeit PHEVs als Brückentechnologie beworben und sich für deren Einstufung als kohlenstoffneutral eingesetzt. Die neuen Erkenntnisse untergraben diese Argumentation erheblich. Es gibt auch Bestrebungen der Industrie, geplante Korrekturen des Nutzungsfaktors zu verhindern.
Hintergrundinformationen
Die EU plant, die Schwellenwerte für den Nutzungsfaktor anzupassen: auf 54 Prozent für 2025/26 und 34 Prozent für 2027/28. Sollten diese Korrekturen ausbleiben, könnten Autohersteller ihre CO2-Ziele weiterhin durch überhöhte PHEV-Leistungsangaben erreichen. Dies würde den Verkauf reiner Elektrofahrzeuge (BEVs) verlangsamen.
Sollten die Korrekturen des Nutzungsfaktors ausgesetzt werden, würde dies bedeuten, dass der erforderliche BEV-Anteil, um die CO2-Ziele zu erreichen, von 58 Prozent auf 53 Prozent sinken könnte. Bei einer Verdoppelung des PHEV-Marktanteils bis 2030 könnte der BEV-Anteil sogar auf nur 45 Prozent fallen. Dies würde einen Rückstand von 13 Prozentpunkten bei der Einführung von Elektrofahrzeugen bedeuten.
Extended-Range Electric Vehicles (EREVs) als Alternative?
Eine spezielle Variante der PHEVs sind Extended-Range Electric Vehicles (EREVs). Diese nutzen den Verbrennungsmotor ausschließlich zur Stromerzeugung für die Batterie, nicht direkt zum Antrieb der Räder. EREVs haben oft größere Batterien und bieten eine längere elektrische Reichweite.
Obwohl EREVs Reichweiten von bis zu 900 Kilometern erreichen können, verbrauchen sie im Verbrennungsmodus immer noch 6,7 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer. Dies ist vergleichbar mit einigen Benzin-SUVs in Europa. Die tatsächlichen Vorteile von EREVs in Europa sind daher noch unklar, insbesondere da die Lieferketten stark von China dominiert werden und es wenig heimisches Interesse an dieser Technologie gibt.
Fazit für Verbraucher und Politik
Die Ergebnisse werfen ein kritisches Licht auf die tatsächliche Umweltfreundlichkeit von Plug-in-Hybriden. Für Verbraucher bedeuten die unerwartet hohen Emissionen auch höhere Betriebskosten. Die Politik steht vor der Aufgabe, die Testverfahren an die Realität anzupassen und sicherzustellen, dass die Ziele zur Emissionsreduzierung nicht durch ungenaue Angaben untergraben werden.
Die Diskussion um die Rolle von PHEVs im Übergang zur Elektromobilität wird sich voraussichtlich intensivieren. Es wird entscheidend sein, ob die Autoindustrie bereit ist, die Realität der Emissionen anzuerkennen und ihre Strategien entsprechend anzupassen.




